Dichter:

A-D    E-H    I-K    L-N    O-R    S-U    V-Z   

 

Themen:

A-D    E-H    I-K    L-N    O-R    S-U    V-Z   

Liebeskummer traurige Liebesgedichte

Christian Morgenstern  (Liebesgedichte Liebeskummer)
Leere


Mein Herz ist leer,
ich liebe dich
nicht mehr.

Erfülle mich!
Ich rufe bitterlich
nach dir.

Im Traume zeig
dich mir
und neig
dich zu mir her!

Erfülle mich
mit dir
auf ewiglich!

Ich trag's nicht mehr, -
ich liebe dich
zu sehr.

Theodor Storm   (Liebesgedichte Liebeskummer)
Die Stunde schlug


Die Stunde schlug, und deine Hand
Liegt zitternd in der meinen,
An meine Lippen streiften schon
Mit scheuem Druck die deinen.

Es zuckten aus dem vollen Kelch
Elektrisch schon die Funken;
O fasse Mut, und fliehe nicht,
Bevor wir ganz getrunken!

Die Lippen, die mich so berührt,
Sind nicht mehr deine eignen;
Sie können doch, solang du lebst,
Die meinen nicht verleugnen.

Die Lippen, die sich so berührt,
Sind rettungslos gefangen;
Spät oder früh, sie müssen doch
Sich tödlich heimverlangen.

Joachim Ringelnatz   (unglückliche Liebe - Liebeskummer)
Liebesbrief


So kann es nun nicht weitergehn!
Das, was besteht, muss bleiben.
Wenn wir uns wieder wiedersehn,
Muss irgendetwas geschehn.
Was wir dann auf die Spitze treiben.
Was - was auf einer Spitze tut?
Gewiss nicht Plattitüden.
Denn was auf einer Spitze ruht,
Wird nicht so leicht ermüden.
Auf einer Bank im Grunewald
Zu zweit im Regen sitzen,
Ist blöd. Mut, Mädchen! Schreibe bald!
Dein Fritz! (Remember Spitzen).

Christian Morgenstern (Liebeskummer Gedichte)
Mein Herz ist leer (Kein Titel)


Mein Herz ist leer,
ich liebe dich
nicht mehr.

Erfülle mich!
Ich rufe bitterlich
nach dir.

Im Traume zeig
dich mir
und neig
dich zu mir her!

Erfülle mich
mit dir
auf ewiglich!

Ich trag' s nicht mehr, -
ich liebe dich
zu sehr.

Christian Morgenstern    (Liebesgedichte Liebeskummer)
Nun hast auch du


Nun hast auch du, mein Herze,
dein großes Liebesleid,
nun bist auch du vom Schmerze
gesegnet und geweiht.

Von heut ab wird dein Klagen
nicht tändeln mehr wie einst,
und auch dein schönstes Sagen
wird sein, als ob du weinst.

Johann Wolfgang von Goethe    (traurige Liebesgedichte)
Heidenröslein


Sah ein Knab' ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell es nah zu sehn,
Sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: ich steche dich,
Dass du ewig denkst an mich,
Und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihr doch kein Weh und Ach,
Musst' es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Johann Wolfgang von Goethe   (Liebesgedichte Liebeskummer)
Die Bekehrte


Bei dem Glanze der Abendröte
Ging ich still den Wald entlang,
Damon saß und blies die Flöte,
Dass es von den Felsen klang,
So la la!
Und er zog mich, ach, an sich nieder,
Küsste mich so hold, so süß.
Und ich sagte: Blase wieder!
Und der gute Junge blies,
So la la!

Meine Ruhe ist nun verloren,
Meine Freude floh davon,
Und ich höre vor meinen Ohren
Immer nur den alten Ton,
So la la, le ralla!

Theodor Storm (traurige Liebesgedichte)
Bettlerliebe


O lass mich nur von Ferne stehn
Und hangen stumm an deinem Blick;
Du bist so jung, du bist so schön,
Aus deinen Augen lacht das Glück.
Und ich so arm, so müde schon,
Ich habe nichts, was dich gewinnt.
O wär ich doch ein Königssohn
Und du ein arm verlornes Kind!

Anna Ritter     (traurige Liebesgedichte, Liebeskummer)
Ein Vöglein singt im Wald


Ein Vöglein singt im Wald,
singt Lieb' und Leiden
ich weine für mich hin -
Du willst ja scheiden.
Viel Rosen blühen rot -
ich pflücke keine,
brauch weder Schmuck noch Zier,
so ganz alleine.
Hab' dich doch so lieb gehabt
und willst doch wandern,
suchst nun dein Fröhlichkeit,
dein Glück bei Andern.

Theodor Storm    (traurige Liebesgedichte)
Lied des Harfenmädchens


Heute, nur heute
Bin ich so schön;
Morgen, ach morgen
Muss alles vergehn!
Nur diese Stunde
Bist du noch mein;
Sterben, ach sterben
Soll ich allein.

Sophie Albrecht   (Liebeskummer)
Sehnsucht


Entfernter Freund!
Um den auf immer
Im stillen Zimmer
Mein Auge weint;
Dann, wenn die Sterne
Am Himmel blinken,
Und Liebe winken,
Denk ich der Ferne
In der du, ach!
Jetzt um mich leidest,
Und Freuden meidest,
Mit Tränen nach.
Und wenn mein Freund
Im Strahlenkleide,
Zu meinem Leide
Mitleidig scheint;

Da werf ich mich,
Mit stummen Sehnen
Und tausend Tränen -
Oh! sähst du mich!
An jene Flüsse
Zur Erde nieder,
Die unsre Lieder
Und unsere Küsse
Beim Sternenschein
So oft belauschten,
und sanfter rauschten
Durch diesen Hain -
Ach! keine Lieder
Und keine Küsse,
Ihr - Hain - und Flüsse!
Belauscht ihr wieder -
Und denk an dich,
An jene Zeiten,
So voller Freuden
Für mich und dich;

Dann ruf ich dich
Durch alle Wälder,
Durch Tal und Felder
Als hört'st du mich.
Und wüst und schaurig
Ist Hain - und Trifte,
Wie Totengrüfte,
So bang und traurig.
O! Mond und Sterne,
Blickt tausend Küsse
Und tausend Grüsse
Dem in der Ferne,
Ihr könnt' ihn finden!
So ruf und weine
Ich oft alleine
In öden Gründen.
So lächelt dir
Der Mond oft Küsse
So traurig süße
Mein Freund von mir.

Conrad Ferdinand Meyer   (traurige Liebesgedichte)
Alles war ein Spiel


In diesen Liedern suche du
Nach keinem ernsten Ziel!
Ein wenig Schmerz, ein wenig Lust,
Und alles war ein Spiel.

Besonders forsche nicht danach,
Welch Antlitz mir gefiel,
Wohl leuchten Augen viele drin,
Doch alles war ein Spiel.

Und ob verstohlen auf ein Blatt
Auch eine Träne fiel,
Getrocknet ist die Träne längst,
Und alles war ein Spiel.

Levrai (traurige Liebesgedichte, Gedichte)
Auf jeden Schritt …


Jeden Schritt
Denk ich an dich
In jeder Sekunde
meine tiefste Wunde

frage und zermürbe mich
jedes Wort
wieg' ich aufs Gramm

Theodor Storm
Deine Lippen sind entzaubert


Deine Lippen sind entzaubert,
Ich muss dich meiden von dieser Zeit,
Der zweite Kuss von Mädchenlippen
Besiegelt keine Ewigkeit.

Rainer Maria Rilke    (traurige Liebesgedichte)
(Die Menschen wollens nicht verstehen)


Zwei Herzen haben sich gefunden
- die Menschen wollens nicht verstehn -
und die sich innig treu verbunden,
sie sollen auseinander gehn!

Doch mächtig einen sie die Triebe,
man trennt sie, 's ist des Schicksals Lauf,
doch in den Herzen glüht die Liebe
in Sehnsucht um so mächtger auf.

'Er' ist so bleich - sie sehns mit Bangen -
und nicht zu ändern ist sein Sinn,
es schwanden doch von 'ihren' Wangen
die Rosen auch schon längst dahin!

Und eines Morgens trug man beide
- die Menschen wollens nicht verstehn -
zur Ruhe nach dem Erdenleide -
dorthin, wo still die Kreuze stehn!

Dort ruhen selig sie im Frieden
des leeren Lebens matt und müd -
"geliebt, gehofft, getrennt, geschieden"
das ist das alte, alte Lied!

Theodor Storm (Liebeskummer)
Lose Mädchen


Mein Lieb hat diesen Winter
An einen andern gedacht;
Und dieses andern Mädchen
Hat's ebenso gemacht. -
Ihr beiden losen Mädchen,
Was habt ihr uns beid' so betrübt,
Dass du Lisettens Buhlen,
Lisette mich geliebt.

Levrai (Liebeskummer) (Liebesgedichte)
Deine Stimme


Schneekristalle suchend sinken schmilzen
Schmelzen kühle Hände suchend
Tasten mein geschattetes Herz
Streicht über Haut
Ergreift mich
Hält mich
Bezwingt
Erlöst
Deine Stimme

Joseph von Eichendorff     (traurige Liebesgedichte)
An A. S.


Weine nicht, zwar trennen uns Berge und Fluren,
doch ferne über Tal und Wälder denk ich dein.
Wenn das Morgenrot emporsteigt, denk' ich dein,
bei der Abendröte denk ich dein, und wenn das
Heer der Sterne aufzieht, da blicke ich herauf zum
Mond, der auch damals uns so anlächelte, als
ich deinem Purpurmunde zum ersten Mal das lispelnde
Geständnis der Liebe in der Laube, von Sternen
umblinkt, entküsste. Blickst du dann etwa auch
zum Monde, begegnen sich in Himmelssphären
unsre Blicke, o so flüstre dir das Abendlüftchen, dass
der Mond eine Sehnsuchtsträne beglänzt, die dein
Jüngling um dich weint.

Hermann Löns    (Liebeskummer)
Mohnblumen


Mit roten Feldmohnblüten
Hatt' ich dein Haar geschmückt,
Die roten Blumenblätter
Die sind nun alle zerdrückt.


Du bist zu mir gekommen
Beim Abendsonnenschein,
Und als die Nacht hereinbrach,
Da ließest du mich allein.

Ich höre die Stille rauschen
Und sehe die Dunkelheit sprühn,
Vor meinen träumenden Augen
Purpurne Mohnblumen blühn.

Joachim Ringelnatz (unglückliche Liebe-Gedichte)
Es ist besser so


Es ist besser so.
Reich mir die Hand. Wir wollen froh
Und lachend voneinander gehen.
Wir würden uns vielleicht nach Jahren
Nicht mehr so gut wie heut verstehn.
So lass uns bis auf Wiedersehn
Ein reines, treues Bild bewahren.
Du wirst in meiner Seele lesen,
Wie mich ergreift dies harte Wort.
Doch unsre Freundschaft dauert fort.
Und ist kein leere Traum gewesen,
Aus dem wir einst getäuscht erwachen.
Nun weine nicht; wir wollen froh
Noch einmal miteinander lachen. -
Es ist besser so.

Levrai  (traurige Liebesgedichte)
Kann nur an dich denken


Kann nur an dich denken
ohne Gedanken auf Anderes zu lenken
Liebe hat keine miesen Bedenken

Unsere kurze Zeit verlor mit dem Neid
wenn ich dich jetzt sehe -
du tust mir Leid

Und alle Tage verschwendet mit dir
und so viele Gespräche in Nächten verloren
ehrlich zumindest war deine Gier

Und war das alles
dann war's wohl umsonst

Joseph von Eichendorff
Der verzweifelte Liebhaber


Studieren will nichts bringen,
Mein Rock hält keinen Stich,
Meine Zitter will nicht klingen,
Mein Schatz, der mag mich nicht.

Ich wollt', im Grün spazierte
Die allerschönste Frau,
Ich wär' ein Drach' und führte
Sie mit mir fort durch's Blau.

Ich wollt', ich jagt' gerüstet
Und legt' die Lanze aus,
Und jagte all' Philister
Zur schönen Welt hinaus.

Ich wollt', ich säß' jetzunder
Im Himmel still und weit,
Und früg' nach all' dem Plunder
Nichts vor Zufriedenheit.

Joachim Ringelnatz
Volkslied


Wenn ich zwei Vöglein wär,
Und auch vier Flügel hätt,
Flög die eine Hälfte zu dir.
Und die andere, die ging auch zu Bett,
Aber hier zu Haus bei mir.

Wenn ich einen Flügel hätt
Und gar kein Vöglein wär,
Verkaufte ich ihn dir
Und kaufte mir dafür ein Klavier.

Wenn ich kein Flügel wär
(Linker Flügel beim Militär)
Und auch keinen Vogel hätt,
Flög ich zu dir.
Da' s aber nicht kann sein,
Bleib ich im eignen Bett
Allein zu zwein.

Levrai (traurige Liebesgedichte)
Alles egal, alles banal


Alles egal, alles banal
Nichts mehr zu machen
Nichts mehr zu lachen

Rufst nicht mehr an,
Soll ich denn schreien
Dir meine leeren Nächte weihen

Nur noch so tun
Nur noch gemeinsam
hilflos und einsam

Und trotzdem - vorbei
Will nur noch ans Meer
Bin hilflos und leer

Levrai
Widersinn


Die Seele des Gesprächs dein Herz,
schwer wie alle Wasser dieser Welt,
ein Wogen dass sich stets noch weitete,
träge windend deinen müden Weg.

Geschwächt vom Träumen deiner Worte,
warten auf dich, manchmal fast zu viel,
dein Widersinn erblüht in Nächtlichem,
Dein Herz zu unbeholfen für den freien Fall.

Rainer Maria Rilke
Ob auch die Stunden uns wieder entfernen...


Ob auch die Stunden uns wieder entfernen:
Wir sind immer beisammen im Traum
Wie unter einem aufblühenden Baum.
Wir werden die Worte, die laut sind, verlernen
Und von uns reden wie Sterne von Sternen,
Alle lauten Worte verlernen:
Wie unter einem aufblühenden Baum.

Joachim Ringelnatz
Ich habe dich so lieb


Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Ein Kachel aus meinem Ofen
Schenken.

Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
Leuchtet der Ginster so gut.
Vorbei - verjährt -
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt
Ist leise.

Die Zeit entstellt
Alle Lebewesen.
Ein Hund bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.
Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache
An einem Sieb.

Ich habe dich so lieb.

Levrai
Was ist Liebe


Wenn unsere Blicke sich treffen,
wurzelt und wuchert,
wachsen Entliebte
in feuchter Nacht
und Kälte.

In dir fließt mein Leben.
wir werden uns treffen,
nahe sein,
und wir werden reden,
übereinander, untereinander, voneinander,
wenn Augenblicke kleiner werden,
mit dir leben.

Joachim Ringelnatz (Liebeskummer)
An M.


Der du meine Wege mit mir gehst,
Jede Laune meiner Wimper spürst,
Meine Schlechtigkeiten duldest und verstehst -
Weißt du wohl, wie heiß du oft mich rührst?
Wenn ich tot bin, darfst du gar nicht trauern.
Meine Liebe wird mich überdauern
Und in fremden Kleidern dir begegnen
Und dich segnen.
Lebe, lache gut!
Mache deine Sache gut!

Levrai (traurige Liebesgedichte)
Zuerst sprachen wir


Dann liebten wir
Danach war die Zeit
Mit wenigen Handgriffen
Über die Haut gestreift
Mehr Zeit war nicht zu schneiden
Und was noch mehr war
War nicht zu erreichen

Conrad Ferdinand Meyer
Wetterleuchten


Im Garten schritt ich durch die Frühlingsnacht.
Des Jahres erste Blitze loderten.
Die jungen Blüten glommen feuerrot
Und blichen wieder dann. Ein schönes Spiel,
Davor ich stille hielt. Da sah ich dich!
Mit einem Blütenzweige spieltest du,
Die jung gebliebne Tote! Durch die Hast
Und Flucht der Zeit zurück erkannt ich dich,
Die just des Himmels Feuer überglomm.
Erglühend standest du, wie dazumal,
Da dich das erste Liebeswort erschreckt,
Du Ungebändigte, du Flüchtende!
Dann mit den Blüten wieder blichest du.

Hoffmann von Fallersleben (traurige Liebesgedichte)
Mein Stern


Ich fragt einen Stern am Himmel:
Willst du mein Glückstern sein?
So oft ich ihn sah und fragte,
Gab er gar lieblichen Schein.

Ich sah ihn jeden Abend,
Er lächelte stets mir zu
Und sandte Trost hernieder
Und Frieden mir und Ruh.

Er war mein treuer Begleiter
Durch manche düstre Nacht,
Hat meine Pfade beleuchtet,
Mich immer ans Ziel gebracht.

Jetzt ist mein Stern verschwunden
Mit seinem lieblichen Licht.
Mir glänzen unzählige Sterne,
Er aber glänzt mir nicht.

Von all den unzähligen Sternen
Warst du, mein Liebchen, mein Stern,
Einst meinem Herzen so nahe,
Und jetzt so fern, so fern!

Levrai
So oder so


Lebt sie so einfach
wie schwierig ich von ihr lebe
lebt sie selbstverständlich
Ich klammere mich an
so was geht durch den Magen
doch
das Hirn ist zum Träumen da

Es lebe das Wochenende
es lebe die Liebe
Werken Werktage
Denken Denktage
und Tahage zum Liehieben
bringt die Samstagnacht keine Liehiebe
sieh doch wie die Wolken ziehen
Lebt sie so einfach
wie schwierig ich von ihr lebe.

Charlotte von Ahlefeld   (traurige Liebesgedichte)
Der Liebende an eine verwelkte Blume


Diese Blume – ach sie kam von ihr!
Auch verwelkt noch ist sie heilig mir.
Längst sind ihre Farben hingeschwunden,
Wie die Seligkeit vergangner Stunden -
Aber dennoch bleibt sie heilig mir,
Diese Blume – denn sie kam von ihr.

Tausend blühen schimmernd jetzt im Hain -
Farb' und Duft erfüllt ihr kurzes Sein -
Aber mich reizt ihre Schönheit nicht,
Wenn nicht ihre Hand sie für mich bricht.
Längst verblichne Blume, Du allein
Sollst mir Weihgeschenk des Frühlings sein.

Tränen trüben schwellend meinen Blick,
Denk' ich an den schönen Tag zurück,
Wo sie Dich im Morgenthau mir pflückte,
Und ich zärtlich an mein Herz Dich drückte.
Teure Blume – mein entfloh'nes Glück
Kehrt wie deine Farbe nie zurück!

Charlotte von Ahlefeld
Ahndung


Laue Lüfte säuseln,
Und die Wellen kräuseln
Flüsternd sich im Meer;
Mondenstrahlen beben
Auf der Fluth und schweben
Glänzend hin und her.

Holde Melodieen
Aus der Ferne ziehen
Klingend durch die Nacht;
Und die Espen zittern,
Wie in Ungewittern
Wenn der Sturm erwacht.

Ist es Geisternähe,
Die mit Wohl und Wehe
Schauernd füllt mein Herz?
Steigen Engellieder
Aus den Lüften nieder,
Lindernd meinen Schmerz? -

Süße Fantasien,
Eilet nicht zu fliehen,
Labt den matten Sinn.
Ach in höh're Räume
Ziehn der Ahndung Träume
Mitleidsvoll ihn hin.

Heinrich Heine (Liebesgedichte)
Im tollen Wahn hatt' ich dich einst verlassen


Im tollen Wahn hatt' ich dich einst verlassen,
Ich wollte gehn die ganze Welt zu Ende,
Und wollte sehn ob ich die Liebe fände,
Um liebevoll die Liebe zu umfassen.

Die Liebe suchte ich auf allen Gassen,
Vor jeder Thüre streckt' ich aus die Hände,
Und bettelte um gringe Liebesspende, –
Doch lachend gab man mir nur kaltes Hassen.

Und immer irrte ich nach Liebe, immer
Nach Liebe, doch die Liebe fand ich nimmer,
Und kehrte um nach Hause, krank und trübe.

Doch da bist du entgegen mir gekommen,
Und ach! was da in deinem Aug' geschwommen,
Das war die süße, langgesuchte Liebe.

Achim von Arnim (Liebe und Zweifel)
Getrennte Liebe


Zwei schöne, liebe Kinder,
Die hatten sich so lieb,
Dass eines dem andern im Winter
Mit Singen die Zeit vertrieb
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Höret ihr immer den Doppelschall.

Der Winter bauet Brücken,
Sie beide hat vereint,
Und jedes mit frohem Entzücken
Die Brücke nun ewig meint;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Wohnten die Ältern getrennt im Tal.

Der Frühling ist gekommen,
Das Eis will nun aufgehn,
Da werden sie beide beklommen,
Die lauen Winde wehn;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Stürzen die Bäche mit wildem Schall.

Was hilft der helle Bogen,
Womit der Fall entzückt,
Von ihnen so liebreich erzogen,
Zum ersten Mal bunt geschmückt;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Höret sie klagen getrennt im Tal.

Die Vögel über fliegen,
Die Kinder traurig stehn,
Und müssen sich einsam begnügen
Einander von fern zu sehn;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Kreuzen die Schwalben mit lautem Schall.

Sie möchten zusammen mit Singen,
So wie der Vögel Brut,
Den himmlischen Frühling verbringen,
Das Scheiden so wehe tut;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Sehn sie sich endlich zum letzten Mal.

Der Knabe kriegt zur Freude
Ein Röckchen wie ein Mann,
Das Mädchen ein Kleidchen von Seide,
Nun gehet die Schule an;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Gehn sie zum Kloster bei Glockenschall.

Sie sahn sich lang’ nicht wieder,
Sie kannten sich nicht mehr,
Das Mädchen mit vollem Mieder,
Der Knabe ein Mönch schon wär;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Kamen und riefen sie sich im Tal.

Das Mädchen ruft so helle,
Der Knabe singt so tief;
Verstehn sich endlich doch schnelle,
Als alles im Hause schlief;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Springen im Mondschein die Fische all.

Froh in der nächt’gen Frische,
Sie kühlen sich im Fluss,
Sie können nicht schwimmen wie Fische,
Und suchen sich doch zum Kuss;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Reißen die Strudel sie fort mit Schall.

Die Ältern hören singen
Und schaun aus hohem Haus,
Zwei Schwäne im Sternenschein ringen
Zum Dampfe des Falls hinaus;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Hören sie Echo mit lautem Schall

Die Schwäne herrlich sangen
Ihr letztes schönstes Lied,
Und leuchtende Wölkchen hangen,
Manch Engelein niedersieht;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Schwebet wie Blüte ein süßer Schall.

Der Mond sieht aus dem Bette
Des glatten Falls empor,
Die Nacht mir der Blumenkette
Erhebet zu sich dies Chor;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Grünt es von Tränen überall.
(Schreibweise angepasst)

Adelbert von Chamisso
Was soll ich sagen?


Mein Aug' ist trüb,
Mein Mund ist stumm,
Du heißest mich reden,
Es sei darum!

Dein Aug' ist klar,
Dein Mund ist rot,
Und was du nur wünschest,
Das ist ein Gebot.

Mein Haar ist grau,
Mein Herz ist wund,
Du bist so jung
Und bist so gesund.
Du heißest mich reden,
Und machst mir's so schwer.
Ich seh' dich so an
Und zittre so sehr.

Clemens Brentano  (traurige Liebesgedichte)
Der Spinnerin Nachtlied


Es sang vor langen Jahren
Wohl auch die Nachtigall,
Das war wohl süßer Schall,
Da wir zusammen waren.

Ich sing' und kann nicht weinen,
Und spinne so allein
Den Faden klar und rein
So lang der Mond wird scheinen.

Als wir zusammen waren
Da sang die Nachtigall
Nun mahnet mich ihr Schall
Dass du von mir gefahren.

So oft der Mond mag scheinen,
Denk' ich wohl dein allein,
Mein Herz ist klar und rein,
Gott wolle uns vereinen.

Seit du von mir gefahren,
Singt stets die Nachtigall,
Ich denk' bei ihrem Schall,
Wie wir zusammen waren.
Gott wolle uns vereinen
Hier spinn' ich so allein,
Der Mond scheint klar und rein,
Ich sing' und möchte weinen.

Rainer Maria Rilke
Leda


Als ihn der Gott in seiner Not betrat,
erschrak er fast, den Schwan so schön zufinden;
er ließ sich ganz verwirrt in ihm verschwinden.
Schon aber trug ihn sein Betrug zur Tat,
bevor er noch des unerprobten Seins
Gefühle prüfte. Und die Aufgetane
erkannte schon den Kommenden im Schwane
und wusste schon: er bat um Eins,
das sie, verwirrt in ihrem Widerstand,
nicht mehr verbergen konnte. Er kam nieder
und halsend durch die immer schwächere Hand
ließ sich der Gott in die Geliebte los.
Dann erst empfand er glücklich sein Gefieder
und wurde wirklich Schwan in ihrem Schoß.

Charlotte von Ahlefeld (Liebesgedichte)
Der Liebende an eine verwelkte Blume

Diese Blume – ach sie kam von ihr!
Auch verwelkt noch ist sie heilig mir.
Längst sind ihre Farben hingeschwunden,
Wie die Seligkeit vergangner Stunden -
Aber dennoch bleibt sie heilig mir,
Diese Blume – denn sie kam von ihr.

Tausend blühen schimmernd jetzt im Hain -
Farb' und Duft erfüllt ihr kurzes Sein -
Aber mich reizt ihre Schönheit nicht,
Wenn nicht ihre Hand sie für mich bricht.
Längst verblichne Blume, Du allein
Sollst mir Weihgeschenk des Frühlings Sein.

Tränen trüben schwellend meinen Blick,
Denk' ich an den schönen Tag zurück,
Wo sie Dich im Morgentau mir pflückte,
Und ich zärtlich an mein Herz Dich drückte.
Teure Blume – mein entfloh'nes Glück
Kehrt wie deine Farbe nie zurück!

Ludwig Tieck (Liebeskummer Gedichte)
Trennung


Muss es eine Trennung geben,
Die das treue Herz zerbricht?
Nein, dies nenne ich nicht leben,
Sterben ist so bitter nicht.

Hör' ich eines Schäfers Flöte,
Härme ich mich inniglich,
Seh ich in die Abendröte,
Denk ich brünstiglich an dich.

Gibt es denn kein wahres Lieben?
Muss denn Schmerz und Trauer sein?
Wär ich ungeliebt geblieben,
Hätt' ich doch noch Hoffnungsschein.

Aber so muss ich nun klagen:
Wo ist Hoffnung, als das Grab?
Fern muss ich mein Elend tragen,
Heimlich stirbt das Herz mir ab.

Clemens Brentano
Wenn die Sonne weggegangen


Wenn die Sonne weggegangen,
Kömmt die Dunkelheit heran,
Abendrot hat goldne Wangen,
Und die Nacht hat Trauer an.

Seit die Liebe weggegangen,
Bin ich nun ein Mohrenkind,
Und die roten, frohen Wangen,
Dunkel und verloren sind.

Dunkelheit muss tief verschweigen,
Alles Wehe, alle Lust,
Aber Mond und Sterne zeigen,
Was ihr wohnet in der Brust.

Wenn die Lippen dir verschweigen
Meines Herzens stille Glut,
Müssen Blick und Tränen zeigen,
Wie die Liebe nimmer ruht.

Friedrich Rückert (Liebesgedichte Liebeskummer)
Spruch


Wenn es dir übel geht,
Nimm es für gut nur immer,
Denn wenn du's übel nimmst,
So wird es nur noch schlimmer.

Und tut ein Freund dir weh,
Verzeih's ihm und versteh,
Es ist ihm selbst nicht wohl,
Sonst tät er dir nicht weh.

Doch wenn dich Liebe kränkt,
Sei dir's zu Lieb' ein Sporn,
Dass du die Rose hast,
Das fühlst du auch am Dorn.

Christian Morgenstern    (traurige Liebesgedichte)
Der Seufzer


Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.

Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein -
und er sank - und ward nimmer gesehen.

Frühlingsgedichte   -   Sommergedichte   -   Herbstgedichte    -    Weihnachtsgedichte