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Sterben Gedichte

Rainer Maria Rilke (Gedichte über den Tod)
Todes - Erfahrung


Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das
nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,
Bewunderung und Liebe oder Hass
dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund

tragischer Klage wunderlich entstellt.
Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.
Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen,
spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.

Doch als du gingst, da brach in diese Bühne
ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt
durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,
wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.

Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes
hersagend und Gebärden dann und wann
aufhebend; aber dein von uns entferntes,
aus unserm Stück entrücktes Dasein kann

uns manchmal überkommen, wie ein Wissen
von jener Wirklichkeit sich niedersenkend,
so dass wir eine Weile hingerissen
das Leben spielen, nicht an Beifall denkend.

Ludwig Uhland (Gedichte über das Sterben)
Auf den Tod eines Kindes


Du kamst, Du gingst mit leiser Spur,
ein flücht'ger Gast im Erdenland;
woher? Wohin? Wir wissen nur:
Aus Gottes Hand in Gottes Hand.

Clemens Brentano (Gedichte über den Tod)
Ist des Lebens Band mit Schmerz gelöset


Ist des Lebens Band mit Schmerz gelöset,
Liegt der Körper ohne Blick, ohn Leben,
Fremde Liebe weint, und er geneset.
Seine Liebe muss zum Himmel schweben,
Von dem trägen Leibe keusch entblößet,
Kann zu Gott der Engel sie erheben.
Und er hält sie mit dem Arm umfasset,
Schwebet höher, bis das Grab erblasset.

Ist er durchs Vergängliche gedrungen,
Kehrt die Seele in die Ewigkeit,
Oh, so ist dem Tod genug gelungen,
Und er stürzet rückwärts in die Zeit.
Um die Seele bleibet Wonn geschlungen,
Alles gibt sich ihr, die alles beut,
Wird zum ewgen Geben und Empfangen,
Kann des Wechsels Ende nie erlangen!

Marie von Ebner-Eschenbach (Gedichte über das Sterben)
Grabschrift


Im Schatten dieser Weide ruht
Ein armer Mensch, nicht schlimm noch gut.
Er hat gefühlt mehr als gedacht,
Hat mehr geweint als er gelacht;
Er hat geliebt und viel gelitten,
Hat schwer gekämpft und - nichts erstritten.
Nun liegt er endlich sanft gestreckt,
Wünscht nicht zu werden auferweckt.
Wollt Gott an ihm das Wunder tun,
Er bäte: Herr, o lass mich ruhn!

Wilhelm Busch     (Abschied Gedichte)
Abschied


Die Bäume hören auf zu blühn,
Mein Schatz will in die Fremde ziehn;
Mein Schatz, der sprach ein bittres Wort:
Du bleibst nun hier, aber ich muss fort.

Leb wohl, mein Schatz, ich bleib dir treu,
Wo du auch bist, wo ich auch sei.
Bei Regen und bei Sonnenschein,
Solang ich lebe, gedenk ich dein.

Solang ich lebe, lieb ich dich,
Und wenn ich sterbe, bet für mich,
Und wenn du kommst zu meinem Grab,
So denk, dass ich dich geliebet hab.

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Heinrich Heine Gedichte (Gedichte über den Tod)
Die Bergstimm'


Ein Reiter durch das Bergtal zieht
In traurig stillem Trab
"Ach, zieh ich jetzt wohl in Liebchens Arm
Oder zieh ich ins dunkle Grab?"
Die Bergstimm' Antwort gab:
"Ins dunkle Grab!"

Und weiter reitet der Reitersmann
Und seufzet schwer dazu
"So zieh ich nun hin ins Grab so früh,
Wohlan, im Grab ist Ruh'."
Die Stimme sprach dazu:
"Im Grab ist Ruh'."

Dem Reitersmann eine Träne rollt
Von der Wange kummervoll.
"Und ist nur im Grabe die Ruhe für mich,
So ist mir im Grabe wohl."
Die Stimme erwidert hohl:
"Im Grabe wohl!"

Theodor Storm (Gedichte über das Sterben)
Beginn des Ende


Ein Punkt nur ist es, kaum ein Schmerz,
Nur ein Gefühl, empfunden eben;
Und dennoch spricht es stets darein,
Und dennoch stört es dich zu leben.

Wenn du es andern klagen willst,
So kannst du's nicht in Worte fassen.
Du sagst dir selber: "Es ist nichts!"
Und dennoch will es dich nicht lassen.

So seltsam fremd wird dir die Welt,
Und leis verlässt dich alles Hoffen,
Bist du es endlich, endlich weißt,
Dass dich des Todes Pfeil getroffen.

Joachim Ringelnatz (Gedichte über das Sterben)
Nichts geschieht


Wenn wir sterben müssen,
Unsere Seele sich den Behörden entzieht,
Werden sich Liebende küssen;
Weil das Lebende trumpft.
Aber wenn nichts geschieht,
Bleibt das Leben nicht einmal stehn, sondern schrumpft.


Was heute mir ins Ohr klingt,
Ist nur, was Klage vorbringt.
Und was ich mit Augen seh
An schweigender Not, das tut weh.
Aller Frohsinn in uns ist verreist.

Und nichts geschieht. – Und der Zeiger kreist.

Heinrich Heine (Gedichte über das Sterben)
Altes Lied


Du bist gestorben und weißt es nicht,
Erloschen ist dein Augenlicht,
Erblichen ist dein rotes Mündchen,
Und du bist tot, mein totes Kindchen.

In einer schaurigen Sommernacht
Hab ich dich selber zu Grabe gebracht;
Klaglieder die Nachtigallen sangen,
Die Sterne sind mit zur Leiche gegangen.

Der Zug, der zog den Wald vorbei,
Dort widerhallt die Litanei;
Die Tannen, in Trauermäntel vermummet,
Sie haben Totengebete gebrummet.

Am Weidensee vorüber gings,
Die Elfen tanzten inmitten des Rings;
Sie blieben plötzlich stehen und schienen
Uns anzuschaun mit Beileidsmienen.

Und als wir kamen zu deinem Grab,
Da stieg der Mond vom Himmel herab.
Er hielt eine Rede. Ein Schluchzen und Stöhnen,
Und in der Ferne die Glocken tönen.

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Hoffmann von Fallersleben (Gedichte über das Sterben)
Schmetterlings Sterbelied


„Leb' wohl, mein Vater Sonnenschein!
Du, meine Mutter Blütenduft!
Ihr Schwestern all' und Brüderlein
Im süßen Hauch der Himmelsluft!

Ich schwebte gern mit euch umher
In Wald und Wiese, Au und Feld;
Nie war mein Herz von Sorgen schwer,
Ungern verlass' ich diese Welt."

So sang der müde Schmetterling,
So sang er sich sein Sterbelied.
Kaum als er an zu leben fing,
War hin sein Leben und er schied.

Rainer Maria Rilke (Gedichte über das Sterben)
Grabmal eines jungen Mädchens


Wir gedenkens noch. Das ist, als müsste
alles dieses einmal wieder sein.
Wie ein Baum an der Limonenküste
trugst du deine kleinen leichten Brüste
in das Rauschen seines Bluts hinein:
- jenes Gottes.
Und es war der schlanke
Flüchtling, der verwöhnende der Fraun.
Süß und glühend, warm wie dein Gedanke,
überschattend deine frühe Flanke
und geneigt wie deine Augenbraun.

Joseph von Eichendorff (Gedichte über das Sterben)
Auf meines Kindes
Tod

Freuden wollt ich Dir bereiten;
Zwischen Kämpfen, Lust und Schmerz
Wollt' ich treulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwärts.
Doch du hast's allein gefunden,
Wo kein Vater führen kann,
Durch die ernste dunkle Stunde
Gingst du schuldlos mir voran.
Wie das Säuseln leiser Schwingen
Draußen über Wald und Kluft
Ging zur selben Stund' ein Singen
Ferne durch die stille Luft.
Und so fröhlich glänzt der Morgen,
's war, als ob das Singen sprach:
Jetzo lasset alle Sorgen;
Liebt ihr mich, so folgt mir nach!
Ich führt' dich oft spazieren
In Winter-Einsamkeit;
Kein Laut ließ sich da spüren,
Du schöne, stille Zeit!
Lenz ist's nun, Lerchen singen
Im Blauen über mir;
Ich weine still sie bringen
Mir einen Gruß von dir.
Von fern' die Uhren schlagen,
Es ist schon tiefe Nacht,
die Lampe brennt so düster,
das Bettlein ist gemacht.
Die Winde nur noch gehen
Wehklagend um das Haus,
Wir sitzen einsam drinnen
Und lauschen oft hinaus.
Es ist, als müsstest leise
Du klopfen an die Tür,
Du hätt'st dich nur verirret
Und kämst nun müd' zurück.
Wir armen, armen Toren!
Wir irren ja im Graus
Des Dunkels noch verloren, -
Du fand'st dich längst nach Haus.
Dort ist so tiefer Schatten,
Du schläfst in guter Ruh',
Es deckt mit grünen Matten
Der liebe Gott dich zu.
Die alten Weiden neigen
Sich auf dein Bett herein,
Die Vöglein in den Zweigen,
sie singen treu dich ein.
Und wie in goldnen Träumen
Geht linder Frühlingswind
Rings in den stillen Bäumen
Schlaf wohl, mein süßes Kind!
Mein liebes Kind, Ade!
Ich konnt' Ade nicht sagen,
Als sie dich fortgetragen,
Vor tiefem, tiefem Weh.
Jetzt auf lichtgrünem Plan
Stehst du im Myrtenkranze
Und lächelst aus dem Glanze
Mich still voll Mitleid an.
Und Jahre nahn und gehen,
Wie bald bin ich verstoben
O bitt' für mich da droben,
Dass wir uns wiedersehn!

Clemens Brentano (Gedichte über das Sterben)
Schwanenlied


Wenn die Augen brechen,
Wenn die Lippen nicht mehr sprechen,
Wenn das pochende Herz sich stillet
Und der warme Blutstrom nicht mehr quillet:
Oh, dann sinkt der Traum zum Spiegel nieder,
Und ich hör der Engel Lieder wieder,
Die das Leben mir vorübertrugen,
Die so selig mit den Flügeln schlugen
Ans Geläut der keuschen Maiesglocken,
Dass sie all die Vöglein in den Tempel locken,
Die so süße, wild entbrannte Psalmen sangen,
Dass die Liebe und die Lust so brünstig rangen,
Bis das Leben war gefangen und empfangen;
Bis die Blumen blühten;
Bis die Früchte glühten
Und gereift zum Schoß der Erde fielen,
Rund und bunt zum Spielen;
Bis die goldnen Blätter an der Erde rauschten
Und die Wintersterne sinnend lauschten,
Wo der stürmende Sämann hin sie säet,
Daß ein neuer Frühling schön erstehet.
Stille wird's, es glänzt der Schnee am Hügel,
Und ich kühl im Silberreif den schwülen Flügel,
Möcht ihn hin nach neuem Frühling zücken,
Da erstarret mich ein kalt Entzücken -
Es erfriert mein Herz, ein See voll Wonne,
Auf ihm gleitet still der Mond und sanft die Sonne,
Unter den sinnenden, denkenden, klugen Sternen
Schau ich mein Sternbild an in Himmelsfernen;
Alle Leiden sind Freuden, alle Schmerzen scherzen,
Und das ganze Leben singt aus meinem Herzen:
Süßer Tod, süßer Tod
Zwischen dem Morgen- und Abendrot!

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Annette von Droste-Hülshoff (Gedichte über das Sterben)
Der Tod
esengel

's gibt eine Sage, dass wenn plötzlich matt
Unheimlich Schaudern einen übergleite,
Dass dann ob seiner künft'gen Grabesstatt
Der Todesengel schreite.

Ich hörte sie, und malte mir ein Bild
Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne,
So schaurig schön, wie's wohl zuweilen quillt
Im schwimmenden Gehirne.

In seiner Hand sah ich den Ebenstab
Mit leisem Strich des Bettes Lage messen,
- So weit das Haupt - so weit der Fuß - hinab!
Verschüttet und vergessen!

Mich graute, doch ich sprach dem Grauen Hohn,
Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen,
Und frevelnd wagt' ich aus der Totenkron'
Ein Lorbeerblatt zu langen.

O, manche Stunde denk' ich jetzt daran,
Fühl' ich mein Blut so matt und stockend schleichen,
Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an -
Ich mag es nicht vergleichen; -

Als ich zuerst dich auf dem Friedhof fand,
Tiefsinnig um die Monumente streifend,
Den schwarzen Ebenstab in deiner Hand
Entlang die Hügel schleifen.

Als du das Auge hobst, so scharf und nah,
Ein leises Schaudern plötzlich mich befangen,
O wohl, wohl ist der Todesengel da
Über mein Grab gegangen!

Sophie Albrecht (Gedichte über das Sterben)
Lied auf dem Kirchhofe

Sei leiser hier, du meines Kummers Klage,
Und seufze nur, was mich zu Gräbern beugt;
Verzeiht - verzeiht, ihr Toten, dass ichs wage
Zu jammern, wo des Schmerzes Stimme schweigt.

Nichts kann der Gräber stolze Ruhe stören,
Der Friede wohnt im stillen Schattenreich;
Drum will ich heilig eure Täler ehren,
Ach! er, mein Herzensfreund, wohnt unter euch.

Mein Freund, der wieder all die süßen Bande,
Die längst die Welt von meinem Herzen riss,
Sanft knüpft', und mir im finstern Wechsellande
Elisiums ewig daurend Glück verhieß.

Die heiße Stirn gelehnt am kalten Steine,
Der meiner Trauer stummen Hügel deckt;
Rinnt sanft, ihr Tränen! wie im Frühlingshaine
Des Morgens Tau, der junge Rosen weckt.

Sie fließen nicht, dich Freien zu beklagen,
Der nicht im Kerker der Verwesung wohnt;
Dir jauchz' ich zu, dem nun nach schwülen Tagen
Das kühle Wehn der Dulderpalme lohnt.

Dort seh ich dich den großen Morgen feiern,
Der nur an jenem Purpurufer tagt;
Wohin keins von des Lebens Ungeheuern
Durch Gottes Wachen sich hinüber wagt.

Nur mir, nur mir Gesunknen rinnt die Zähre,
Nur mich Verlassne klagt dies Tränenlied;
Mir ist die Welt nur eine öde Leere,
Wo mir allein kein stiller Hügel blüht.

Er deckt mit dir auch alle bleichen Schrecken,
Die Gruft und Tod mir einstens schaudernd gab;
So muss die Nacht den jungen Morgen wecken,
Du starbst - und Heimat wird mir Tod und Grab.

Umschlungen unsrer schönsten Hoffnung Büste
Späh ich, ob bald der Kahn herüber schwimmt,
Der mich von der Verwesung schwarzen Küste
Zu dir - zu dir, mein Freund, hinüber nimmt.

Johann Wolfgang von Goethe (Gedichte über das Sterben)
Der König in Thule


Es war ein König in Thule,
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.

Es ging ihm nichts darüber,
Er leert' ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.

Und als er kam zu sterben,
Zählt' er seine Städt' im Reich,
Gönnt' alles seinen Erben,
Den Becher nicht zugleich.

Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohen Vätersaale
Dort auf dem Schloss am Meer.

Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut
Und warf den heil'gen Becher
Hinunter in die Flut.

Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer.
Die Augen täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.

Max Dauthendey (Gedichte über das Sterben)
Ich grübe mir gern in die Stille ein Grab


Ich fühle mich tot, als war' ich erfroren,
Als hätt' sich die Welt zu sterben verschworen.
Ich grübe mir gern in die Stille ein Grab
Und warte begraben deine Wiederkehr ab.

Vom langen Warten versteinen die Wangen
Doch lebt auch im Stein noch ein sehnend Verlangen.
Ich weiß nur, dass ich nichts fühlen will;
Vielleicht steht dann endlich das Warten still.

Der Wind, der heult vor den nächtlichen Toren,
Als würde da draußen nur Unglück geboren.
Er klagt wie ein Hund in die Leere hinein,
Und stets drängen Hunger und Sehnsucht herein.

Justinus Kerner (Gedichte über das Sterben)
Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes


Du herrlich Glas, nun stehst du leer,
Glas, das er oft mit Lust gehoben;
Die Spinne hat rings um dich her
Indes den düstren Flor gewoben.

Jetzt sollst du mir gefüllet sein
Mondhell mit Gold der deutschen Reben!
In deiner Tiefe heil'gen Schein
Schau' ich hinab mit frommem Beben.

Was ich erschau' in deinem Grund
Ist nicht Gewöhnlichen zu nennen.
Doch wird mir klar zu dieser Stund',
Wie nichts den Freund vom Freund kann trennen.

Auf diesen Glauben, Glas so hold!
Trink' ich dich aus mit hohem Mute.
Klar spiegelt sich der Sterne Gold,
Pokal, in deinem teuren Blute!

Still geht der Mond das Tal entlang,
Ernst tönt die mitternächt'ge Stunde.
Leer steht das Glas! Der heil'ge Klang
Tönt nach in dem kristallnen Grunde.

Novalis (Gedichte über das Sterben)     (Gedichte über den Tod)
An meine sterbende Schwester


Deinen Wangen entfloh’n Rosen des Jugend-Mai’s
Und es welkte dein Lenz, Farbe des Todes liegt
Auf dem hageren Antlitz,
Nur dein Auge strahlt Heiterkeit.

Leiden wurden dir früh, Pilgerin, vorgestreut,
Fühltest selten die Lust, welche uns Jugend reicht,
Doch trug heiteres Mutes
Sie dein reifer, geübter Geist.

Schon winkt dir aus der Fern’ seliger Ewigkeit
Der unsterbliche Kranz, harret der Siegerin,
Bald flieht Leiden und Leib der
Fessellose, geprüfte Geist.

Schaue, Selige, dann, bist du von Gott verklärt,
Freudenreiches Blicks auf die Gefilde her,
Wo im Haine des Abends
Die Erinnerung mich umschwebt.

Lisple leiser um mich, wenn ich bei Mondenschein
Schau’ zur schimmernden Flur, höhere Lieder sing’
Und mit Freuden verweile
Bei dem blumigen, grünen Grab.

Novalis (Gedichte über das Sterben)
An meine sterbende Schwester


Deinen Wangen entfloh’n Rosen des Jugend-Mai’s
Und es welkte dein Lenz, Farbe des Todes liegt
Auf dem hageren Antlitz,
Nur dein Auge strahlt Heiterkeit.

Leiden wurden dir früh, Pilgerin, vorgestreut,
Fühltest selten die Lust, welche uns Jugend reicht,
Doch trug heiteres Mutes
Sie dein reifer, geübter Geist.

Schon winkt dir aus der Fern’ seliger Ewigkeit
Der unsterbliche Kranz, harret der Siegerin,
Bald flieht Leiden und Leib der
Fessellose, geprüfte Geist.

Schaue, Selige, dann, bist du von Gott verklärt,
Freudenreiches Blicks auf die Gefilde her,
Wo im Haine des Abends
Die Erinnerung mich umschwebt.

Lisple leiser um mich, wenn ich bei Mondenschein
Schau’ zur schimmernden Flur, höhere Lieder sing’
Und mit Freuden verweile
Bei dem blumigen, grünen Grab.

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