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Kindergedichte

Hermann Kletke
Schlaflied


Sieh, wie schon die Blumen nicken,
Und die Vöglein, wie sie picken
An das Fenster — hörst Du wohl?
Dass mein Kindlein schlafen soll.

Schon mit seinen leisen Schritten
Kommt der Mond, nun steht er mitten
An dem Himmel, rings umher,
Wacht schon keine Seele mehr!

Und im Walde drunten legen,
Wie es fromme Kindlein pflegen.
Sich die Blümlein all' zur Ruh;
Ei, so schlafe Kind auch Du!

Hoffmann von Fallersleben (Kindergedichte)
Ein Männlein steht im Walde


Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm,
Es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem purpurroten Mäntelein.

Das Männlein steht im Walde auf einem Bein
Und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein,
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem kleinen schwarzen Käppelein?

Rainer Maria Rilke (Kindergedichte)
Das Kind


Unwillkürlich sehn sie seinem Spiel
lange zu; zuweilen tritt das runde
seiende Gesicht aus dem Profil,
klar und ganz wie eine volle Stunde,

welche anhebt und zu Ende schlägt.
Doch die anderen zahlen nicht die Schläge,
trüb von Mühsal und vom Leben träge;
und sie merken gar nicht, wie es trägt-,

wie es alles trägt, auch dann, noch immer,
wenn es müde in dem kleinen Kleid
neben ihnen wie im Wartezimmer
sitzt und warten will auf seine Zeit.

Joseph von Eichendorff (Kindergedichte)
Im Alter


Wie wird nun alles so stille wieder!
So war mirs oft in der Kinderzeit,
Die Bäche gehen rauschend nieder
Durch die dämmernde Einsamkeit,
Kaum noch hört man einen Hirten singen,
Aus allen Dörfern, Schluchten, weit
Die Abendglocken herüberklingen,
Versunken nun mit Lust und Leid
Die Täler, die noch einmal blitzen,
Nur hinter dem stillen Walde weit
Noch Abendröte an den Bergesspitzen,
Wie Morgenrot der Ewigkeit.


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Clemens Brentano (Kindergedichte)
Wiegenlied


Singet leise, leise, leise,
singt ein flüsternd Wiegenlied;
von dem Monde lernt die Weise,
der so still am Himmel zieht.

Singt ein Lied so süß gelinde,
wie die Quellen auf den Kieseln,
wie die Bienen um die Linde
summen, murmeln, flüstern, rieseln.

Gottlog Wilhelm Burman (Wintergedichte)
Die
Kindheit

Noch bin ich ein Kind
Noch fühl ich nur Unschuld und Freuden
Und weiß nicht was Leiden
Und Kümmernis sind.

Noch sehe ich die Welt
So lachend wie Blumengefilde
Voll göttlicher Milde,
Die Alles erhält.

Ich kenne noch nicht
Des Lebens betäubende Sorgen
Die Nacht und der Morgen
Hat Freud im Gesicht!

O lass mich als Kind,
Gott! Leben und Dasein empfinden
Und Seligkeit finden,
Wo Tugenden sind!

Theodor Storm (Kindergedichte)
Mein jüngstes Kind


Ich wanderte schon lange,
Da kamest du daher;
Nun gingen wir zusammen,
Ich sah dich nie vorher.
Noch eine kurze Strecke
- Das Herz wird mir so schwer -,
Du hast noch weit zu gehen,
Ich kann nicht weiter mehr.

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Rainer Maria Rilke (Kindergedichte)
Das Karussell


(Jardin du Luxembourg)
Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand,
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber -

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbei gesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil.
Und manches mal ein Lächeln, her gewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel …

Gustav Falke (Kindergedichte)
Es schneit


Der erste Schnee, weich und dicht,
Die ersten wirbelnden Flocken.
Die Kinder drängen ihr Gesicht
Ans Fenster und frohlocken.

Da wird nun das letzte bisschen Grün
Leise, leise begraben.
Aber die jungen Wangen glühn,
Sie wollen den Winter haben.

Schlittenfahrt und Schellenklang
Und Schneebälle um die Ohren!
- Kinderglück, wo bist du? Lang,
Lang verschneit und erfroren.

Fallen die Flocken weich und dicht,
Stehen wir wohl erschrocken,
Aber die Kleinen begreifens nicht,
Glänzen vor Glück und frohlocken.

Hoffmann von Fallersleben (Kindergedichte)
Summ, summ, summ


Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
Ei, wir tun dir nichts zu leide,
Flieg nur aus in Wald und Heide!
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!

Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
Such in Blüten, such in Blümchen
Dir ein Tröpfchen, dir ein Krümchen
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!

Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
Kehre heim mit reicher Habe,
Bau uns manche volle Wabe,
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!

Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
bei den heilig Christgeschenken,
wollen wir auch dein gedenken,
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!

Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
Mit dem Wachsstock dann wir suchen,
Pfeffernüss´ und Honigkuchen
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!

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