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Achim von Arnim Gedichte

* 26. Januar 1781 in Berlin; † 21. Januar 1831

Achim von Arnim      Liebesgedichte)
Wie die Stunden rennen


Wie die Stunden rennen
Mir an ihrer Seite
Auf der Zunge brennen
Lieb und Heimlichkeit;
Soll ich ihr bekennen,
Was im Herzen brennt?
Und wie soll ich nennen,
Was sie noch nicht kennt?

Achim von Arnim (Liebesgedichte)
Mir ist zu licht zum Schlafen ...


Mir ist zu licht zum Schlafen,
Der Tag bricht in die Nacht,
Die Seele ruht im Hafen,
Ich bin so froh erwacht.

Ich hauchte meine Seele
Im ersten Kusse aus,
Was ist's, dass ich mich quäle
Ob sie auch fand ein Haus.

Sie hat es wohl gefunden
Auf ihren Lippen schön,
O welche sel'ge Stunden,
Wie ist mir so geschehn!

Was soll ich nun noch sehen?
Ach, alles ist in ihr.
Was fühlen, was erflehen?
Es ward ja alles mir.

Ich habe was zu sinnen,
Ich hab', was mich beglückt:
In allen meinen Sinnen
Bin ich von ihr entzückt.

Achim von Arnim   (Liebesgedichte)
Liebeszweifel


Ob ich liebe, möcht ich wissen!
Ruhest Du in meinen Armen
Sinkt Dein Auge ohn Erbarmen
Nieder auf das selge Kissen.
Wie bei Sonnenfinsternissen
Alle muntern Vögel schlafen
Also fühl ich mich entschlafen
Will Dein Aug mich nicht begrüßen.

Ob ich liebe, möcht ich wissen!
Bin ich ganz mit mir alleine
Nenne ich Dich stets die Meine
Und muss immer Dich vermissen,
Dem magnetschen Schlaf entrissen
Muss ich wie Dein Traumbild leben,
Die Gedanken, dir ergeben
Lockst Du ab zu fernen Küssen.

Achim von Arnim (Engel Gedichte)
Abendgebet


Abends wenn ich schlafen geh,
Vierzehn Engel bei mir stehn,
Zwei zu meiner Rechten,
Zwei zu meiner Linken,
Zwei zu meinen Häupten,
Zwei zu meinen Füssen,
Zwei die mich decken,
Zwei die mich wecken,
Zwei die mich weisen,
In das himmlische Paradieschen.

Achim von Arnim (Abzählreime)
Abzählreim bei dem Spiel Eins, zwei, drei,


In der Dechanei,
Steht ein Teller auf dem Tisch,
Kömmt die Katz und holt die Fisch,
Kömmt der Jäger mit der Gabel,
Sticht die Katze in den Nabel,
Schreit die Katz: Miaun, miaun,
Wills gewiss nicht wieder taun.

Eins, zwei, drei,
Hicke, hacke, Heu,
Hicke, hacke Haberstroh,
Vater ist ein Schnitzler worden,
Schnitzelt mir ein Bolz,
Zieh ich mit ins Holz,
Zieh ich mit ins grüne Gras,
Altvater, was ist das?
Kind, es ist ein weißer Haas!
Puh, den schieß ich auf die Nas.

Jäger bind dein Hündlein an,
Dass es mich nicht beißen kann,
Beißt es mich,
Straf ich dich,
Um sechshundert dreißig.

Achim von Arnim (Liebesgedichte)
Getrennte Liebe


Zwei schöne, liebe Kinder,
Die hatten sich so lieb,
Dass eines dem andern im Winter
Mit Singen die Zeit vertrieb
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Höret ihr immer den Doppelschall.

Der Winter bauet Brücken,
Sie beide hat vereint,
Und jedes mit frohem Entzücken
Die Brücke nun ewig meint;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Wohnten die Ältern getrennt im Tal.

Der Frühling ist gekommen,
Das Eis will nun aufgehn,
Da werden sie beide beklommen,
Die lauen Winde wehn;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Stürzen die Bäche mit wildem Schall.

Was hilft der helle Bogen,
Womit der Fall entzückt,
Von ihnen so liebreich erzogen,
Zum ersten Mal bunt geschmückt;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Höret sie klagen getrennt im Tal.

Die Vögel über fliegen,
Die Kinder traurig stehn,
Und müssen sich einsam begnügen
Einander von fern zu sehn;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Kreuzen die Schwalben mit lautem Schall.

Sie möchten zusammen mit Singen,
So wie der Vögel Brut,
Den himmlischen Frühling verbringen,
Das Scheiden so wehe tut;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Sehn sie sich endlich zum letzten Mal.

Der Knabe kriegt zur Freude
Ein Röckchen wie ein Mann,
Das Mädchen ein Kleidchen von Seide,
Nun gehet die Schule an;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Gehn sie zum Kloster bei Glockenschall.
Sie sahn sich lang’ nicht wieder,

Sie kannten sich nicht mehr,
Das Mädchen mit vollem Mieder,
Der Knabe ein Mönch schon wär;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Kamen und riefen sie sich im Tal.

Das Mädchen ruft so helle,
Der Knabe singt so tief;
Verstehn sich endlich doch schnelle,
Als alles im Hause schlief;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Springen im Mondschein die Fische all.

Froh in der nächt’gen Frische,
Sie kühlen sich im Fluss,
Sie können nicht schwimmen wie Fische,
Und suchen sich doch zum Kuss;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Reißen die Strudel sie fort mit Schall.

Die Ältern hören singen
Und schaun aus hohem Haus,
Zwei Schwäne im Sternenschein ringen
Zum Dampfe des Falls hinaus;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Hören sie Echo mit lautem Schall

Die Schwäne herrlich sangen
Ihr letztes schönstes Lied,
Und leuchtende Wölkchen hangen,
Manch Engelein niedersieht;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Schwebet wie Blüte ein süßer Schall.

Der Mond sieht aus dem Bette
Des glatten Falls empor,
Die Nacht mir der Blumenkette
Erhebet zu sich dies Chor;
Diesseits und jenseits am Wasserfall
Grünt es von Tränen überall.

Achim von Arnim (christliche Gedichte)
Die Eile der Zeit in Gott


Der Commandant zu Groswardeyn,
Der hätt' ein einzig Töchterlein,
Theresia ihr Nahmen war,
Gott'sfürchtig, züchtig, keusch und klar.

Sie war von ihrer Jugend an
Der Andacht also zugetan,
Mit Beten, Singen allezeit
Lobt sie die heilig' Dreifaltigkeit.

Wenn sie nur Jesum nennen hört,
So wurd ihr Lieb und Freud vermehrt,
Auf Jesum war ihr Tun gericht,
Zu seiner Braut sie sich verpflichte

Ein edler Herr tät um sie frein,
Der Vater gab den Willen drein
Die Mutter zu der Tochter spricht:
»Mein Kind, nur diesen lasse nicht.«

Die Tochter sprach: »Ach Mutter mein!
Das kann und mag ja nicht so sein,
Mein Bräutigam ist schon bestellt,
Derselb' ist nicht auf dieser Welt.«

Die Mutter sprach: »Ach Tochter mein!
Ach tu uns nicht zuwider sein!
Wir sind nunmehr zwei alte Leut,
Mit Geld hat uns Gott auch erfreut.«

Die Tochter fing zu weinen an:
»Ich hab schon einen Bräutigam,
Dem ich mich hab versprochen ganz,
Zu tragen meinen Jungfernkranz.«

Der Vater sprach: »Es kann nicht sein,
Mein Kind, das bilde dir nicht ein,
Wo willt du bleiben mit der Zeit,
Sehr alt sind wir schon alle beid.«

Der edle Herr bald wieder kam,
Da stellte man die Hochzeit an,
Denn alles war voraus bereit,
Die Braut war voller Traurigkeit.

Sie ging in ihren Garten früh,
Da fiel sie nieder auf die Knie,
Sie rief von ganzem Herzen an
Jesum, ihren liebsten Bräutigam.

Sie lag auf ihrem Angesicht,
Viel Seufzer sie zu Jesu schickt.
Der liebste Jesus ihr erschien,
Und sprach: »Schau, meine Braut, vernimm:

Du sollt jetzt und in kurzer Zeit,
Bey mir sein in der wahren Freud,
Und mit den lieben Engelein
In voller Freud und Wonne sein.«

Er grüßt die Jungfrau wunderschön,
Die Jungfrau tät vor ihme stehn,
Schamhaftig, schlägt die Augen nieder,
Empfing gar schöne Jesum wieder.

Der Jüngling an zu reden fing,
Verehrt ihr einen goldnen Ring;
»Schau da, mein' Braut zum Liebespfand,
Tragt diesen Ring an Eurer Hand.«

Die Jungfrau da schön' Rosen brach,
»Mein Bräutigam,« zu Jesu sprach:
»Hiermit sei du von mir beehrt,
Ewig mein Herz sonst keinen begehrt.«

Da gingen die verliebte Zwei,
Brachen der Blumen mancherlei
Jesus da sprach zu seiner Braut:
»Kommt! meinen Garten auch beschaut.«

Er nahm die Jungfrau bei der Hand,
Führt sie aus ihrem Vaterland,
In seines Vaters Garten schön,
Darinnen viele Blumen stehn.

Die Jungfrau da mit Freud und Lust
Köstliche Früchte hat versucht,
Kein Mensch sich nicht einbilden kann,
Was da für edle Früchte stehn.

Sie hört da Musik und Gesang,
Die Zeit und Weil wird ihr nicht lang,
Die silberweiße Bächelein,
Die fließen da ganz klar und rein.

Der Jüngling sprach zu seiner Braut:
»Meinen Garten habt ihr nun beschaut,
Ich will Euch geben das Geleit
In Euer Land, es ist nun Zeit.«

Die Jungfrau schied mit Traurigkeit,
Kam vor die Stadt in kurzer Zeit,
Die Wächter hielten sie bald an,
Sie sprach: »Lasst mich zum Vater gehn.«

Wer ist ihr Vater, man sie fragt?
»Der Commandant« sie frei aussagt,
Der Eine Wächter aber spricht:
»Der Commandant kein Kind hat nicht.«

An ihrer Kleidung man erkannt,
Dass sie auch sei von hohem Stand,
Ein Wächter sie geführet hat
Bis vor die Herren in der Stadt.

Die Jungfrau sagt und blieb dabei,
Der Commandant ihr Vater sei,
Und sei sie nur erst vor zwei Stund
Hinausgegangen da jetzt und.

Den Herren nahm es Wunder sehr,
Man fragt, wo sie gewesen wär,
Ihr's Vaters Nahm, Stamm und Geschlecht,
Das musste sie erklären recht.

Man suchte auf die alte Schrift,
Unter andern man auch dies antrifft,
Dass sich ein Braut verloren hat
Zu Groß-Wardein in dieser Stadt.

Der Jahre Zahl man bald nachschlägt,
Hundert und zwanzig Jahr austrägt,
Die Jungfrau war so schön und klar,
Als wenn sie wäre fünfzehn Jahr.

Dabei die Herren wohl erkannt,
Dass dies ein Werk von Gottes Hand,
Man trug der Jungfrau vor viel Speis,
Im Augenblick ward sie schneeweiß.

»Nichts Leibliches ich mehr begehr,«
Sie bat, »bringt mir den Priester her,
Dass ich empfang vor meinem End
Den wahren Leib im Sakrament.«

Sobald nun dieses ist geschehn,
Viel Christen-Menschen es gesehn,
Ward ihr ohn alles Weh und Schmerz
Gebrochen ab ihr reines Herz.

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