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Krieg Gedichte

Wilhelm Busch (Gedichte über den Krieg)
Bewaffneter Friede


Ganz unverhofft an einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
Halt, rief der Fuchs, du Bösewicht!
Kennst du des Königs Ordre nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
und weißt du nicht, dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht?
Im Namen seiner Majestät,
geh her und übergib dein Fell,
Der Igel sprach: Nur nicht so schnell.
Lass dir erst deine Zähne brechen,
dann wollen wir uns weiter sprechen!
Und allsogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.

Heidrun Gemähling (Gedichte über den Krieg)
Soldatentrauma


Zurück kam er -
der Soldat aus dem Krieg

äußerlich unversehrt
legte er die Uniform beiseite
auch das Gewehr
und schwieg

alle freuten sich
über die Heimkehr
nur der Soldat nicht

Augen blickten
verwundet in eine Welt
die nicht mehr seine war
quälende Gedanken
machten sich breit
eroberten das Sein

Tod und Leben
dicht beieinander.

Joachim Ringelnatz (Gedichte über den Krieg)
Ehrgeiz


Ich habe meinen Soldaten aus Blei
Als Kind Verdienstkreuzchen eingeritzt.
Mir selber ging alle Ehre vorbei,
Bis auf zwei Orden, die jeder besitzt.

Und ich pfeife durchaus nicht auf Ehre.
Im Gegenteil. Mein Ideal wäre,
Dass man nach meinem Tod (grano salis)
Ein Gässchen nach mir benennt, ein ganz schmales
Und krummes Gässchen, mit niedrigen Türchen,
Mit steilen Treppchen und feilen Hürchen,
Mit Schatten und schiefen Fensterluken.

Dort würde ich spuken.

Joseph von Eichendorff (Gedichte über den Krieg)
Waffenstillstand der Nacht


Windsgleich kommt der wilde Krieg geritten,
Durch das Grün der Tod ihm nachgeschritten,
Manch Gespenst steht sinnend auf dem Feld,
Und der Sommer schüttelt sich vor Grausen,
Lässt die Blätter, schließt die grünen Klausen,
Ab sich wendend von der blutgen Welt.

Prächtig war die Nacht nun aufgegangen,
Hatte alle mütterlich umfangen,
Freund und Feind mit leisem Friedenskuss,
Und, als wollt der Herr vom Himmel steigen,
Hört ich wieder durch das tiefe Schweigen
Rings der Wälder feierlichen Gruß.


 Sommergedichte - Herbstgedichte

Levrai (Gedichte über den Krieg)
Darf man mit 29 schon sterben


In Kabul
Durch einen Selbstmordattentäter in einem Auto getötet. Zwei schwer verletzt.
In Kundus
Bei einem Selbstmordanschlag
auf belebtem Markt zwei Mann getötet
zwei Soldaten werden schwer verletzt
Die Opfer mit dem Status von Reservisten
was ihnen nicht half
Wer weiß wo
Am 27. August 2008 ein deutscher Fallschirmjäger
von einem Sprengsatz getötet
Darf man mit 29 schon
sterben

Kurt Tucholsky     (Militärgedichte)
Unser Militär!


Einstmals, als ich ein kleiner Junge
und mit dem Ranzen zur Schule ging,
schrie ich mächtig, aus voller Lunge,
hört ich von fern das Tschingderingdsching.
Lief wohl mitten über den Damm,
stand vor dem Herrn Hauptmann stramm,
vor den Leutnants, den schlanken und steifen ...
Und wenn dann die Trommeln und die Pfeifen
übergingen zum Preußenmarsch,
fiel ich vor Freuden fast auf den Boden -
die Augen glänzten - zum Himmel stieg
Militärmusik! Militärmusik!

Die Jahre gingen. Was damals ein Kind
bejubelt aus kindlichem Herzen,
sah nun ein Jüngling im russischen Wind
von nahe, und unter Schmerzen.
Er sah die Roheit und sah den Betrug.
Ducken! ducken! noch nicht genug!
Tiefer ducken! Tiefer bücken!
Treten und Stoßen auf krumme Rücken!
Die Leutnants fressen und saufen und huren,
wenn sie nicht grade auf Urlaub fuhren.
Die Leutnants saufen und huren und fressen
das Fleisch und das Weizenbrot wessen? wessen?
Die Leutnants fressen und huren und saufen ...
Der Mann kann sich kaum das Nötigste kaufen.
Und hungert. Und stürmt. Und schwitzt. Und marschiert.
Bis er krepiert.
Und das sah einer mit brennenden Augen
und glaubte, der Krempel könne nichts taugen.
Und glaubte, das müsse zusammenfallen
zum Heile von Deutschland, zum Heil von uns allen ...
Aber noch übertönte den Jammer im Krieg
Militärmusik! Militärmusik!

Und heute?
Ach heute! Die Herren oben
tun ihren Pater Noske loben
und brauchen als Stütze für ihr Prinzip
den alten trostlosen Leutnantstyp.
Das verhaftet, regiert und vertobackt Leute,
damals wie heute, damals wie heute -
Und fällt einer wirklich mal herein,
setzt sich ein andrer für ihn ein.
Liebknecht ist tot. Vogel heidi.
Solchen Mörder straft Deutschland nie.
Na und -?
Der Hass, der da unten sich sammelt,
hat euch den Weg zwar noch nicht verrammelt.
Aber das kann noch einmal kommen ...!
Nicht alle Feuer, die tiefrot glommen
unter der Asche, gehen aus.
Achtung! Es ist Zündstoff im Haus!
Wir wollen nicht diese Nationalisten,
diese Ordnungsbolschewisten,
all das Gesindel, das uns geknuter,
unter dem Rosa Luxemburg verblutet.
Nennt ihr es auch Freiwilligenverbände:
es sind die alten schmutzigen Hände.
Wir kennen die Firma, wir kennen den Geist,
wir wissen, was ein Korpsbefehl heißt ...
Fort damit -!
Reißt ihre Achselstücke
in Fetzen - die Kultur kriegt keine Lücke,
wenn einmal im Lande der verschwindet,
dessen Druck kein Freier verwindet.
Es gibt zwei Deutschland - eins ist frei,
das andre knechtisch, wer es auch sei.
Lass endlich schweigen, o Republik,
Militärmusik! Militärmusik!

 Sommergedichte - Herbstgedichte

Andreas Gryphius (Gedichte gegen Krieg)
Thränen des Vaterlandes


Wir sind doch nunmehr gantz, ja mehr denn gantz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
Das vom Blutt fette Schwerdt, die donnernde Carthaun
Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrath auffgezehret.

Die Türme stehn in Glutt, die Kirch ist umgekehret.
Das Rathhauß ligt im Grauß, die Starcken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun,
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Hertz und Geist durchfähret.

Hir durch die Schantz und Stadt rinnt allzeit frisches Blutt.
Dreymal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flutt,
Von Leichen fast verstopfft, sich langsam fort gedrungen,

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest und Glutt und Hungersnoth,
Dass auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.

Clemens Brentano (Gedichte über den Krieg)
Draus bei Schleswig vor der Pforte


Draus bei Schleswig vor der Pforte
Wohnen armer Leute viel,
Ach des Feindes wilder Horde
Werden sie das erste Ziel.
Waffenstillstand ist gekündet
Dänen ziehen ab zur Nacht,
Russen, Schweden stark verbündet,
Brechen her mit wilder Macht.
Draus bei Schleswig steht vor allen
Weit ein Häuslein ausgesetzt.

Draus bei Schleswig in der Hütte
Singt ein frommes Mütterlein,
Herr, in deinen Schoß ich schütte
Alle meine Angst und Pein.
Doch ihr Enkel ohn Vertrauen,
Zwanzigjährig neuster Zeit,
Hat den Bräutigam zu schauen
Seine Lampe nicht bereit.
Draus bei Schleswig in der Hütte
Singt ein frommes Mütterlein.

Eine Mauer um uns baue
Singt das fromme Mütterlein,
Dass dem Feinde vor uns graue
Hüll in deine Burg uns ein.
Mutter, spricht der Weltgesinnte,
Eine Mauer uns ums Haus
Kriegt unmöglich so geschwinde
Euer lieber Gott heraus.
Eine Mauer um uns baue:
Singt das fromme Mütterlein.

Enkel fest ist mein Vertrauen,
Wenn' s dem lieben Gott gefällt,
Kann er uns die Mauer bauen,
Was er will ist wohl bestellt.
Trommeln rommdidomm rings prasseln
Die Trompeten schmettern drein,
Rosse wiehern, Wagen rasseln,
Ach nun bricht der Feind herein,
Eine Mauer um uns baue
Singt das fromme Mütterlein.

Rings in alle Hütten brechen
Schwed und Russe mit Geschrei,
Lärmen, fluchen, drängen, zechen.
Doch dies Haus ziehn sie vorbei.
Und der Enkel spricht in Sorgen
Mutter, uns verrät das Lied.
Aber sieh, das Heer vom Morgen
Bis zur Nacht vorüberzieht.
Eine Mauer um uns baue
Singt das fromme Mütterlein.

Und am Abend tobt der Winter
An das Fenster schlägt der Nord
Schließt den Laden, liebe Kinder,
Spricht die Alte und singt fort
Aber mit den Flocken fliegen
Vier Kosakenpulke an.
Rings in allen Hütten liegen
Sechzig, auch wohl achtzig Mann.
Eine Mauer um uns baue
Singt das fromme Mütterlein.

Bange Nacht voll Kriegsgetöse,
Wie es wiehert, brüllet, schwirrt,
Kantschuhhiebe, Kolbenstöße.
Weh, des Nachbars Fenster klirrt
Hurrah, Stupai, Boschkai, Kurba,
Vinu, Gleba, Biba, Rack
Schreit und flucht und plackt die Turba.
Erst am Morgen zieht der Pack.
Eine Mauer um uns baue
Singt das fromme Mütterlein.

Eine Mauer um uns baue
Singt sie fort die ganze Nacht.
Morgens ward es still, o schaue
Enkel, was der Nachbar macht!
Auf nach innen geht die Türe,
Nimmer käm er sonst hinaus.
Dass er Gottes Allmacht spüre,
Lag der Schnee wohl mannshoch draus.
Eine Mauer um uns baue,
Sang das fromme Mütterlein!
Ja der Herr kann Mauern bauen.
Liebe fromme Mutter komm,
Gottes Mauer anzuschauen,
Sprach der Enkel und ward fromm.
Achtzehnhundertvierzehn war es,
Als der Herr die Mauer baut,
In der fünften Nacht des Jahres
Hat's dem Feind vor ihr gegraut.
Eine Mauer um uns baue,
Sing ich mit dem Mütterlein.

Heinrich von Kleist (Gedichte über den Krieg)
Der höhere Frieden

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen
Menschen waffnen auf der Zwietracht Ruf,
Menschen, die im Busen Herzen tragen,
Herzen, die der Gott der Liebe schuf:

Denk' ich, können sie mir doch nichts rauben,
Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt,
Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben,
Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt.

Nicht des Ahorns dunklem Schatten wehren,
Dass er mich im Weizenfeld erquickt,
Und das Lied der Nachtigall nicht stören,
Die den stillen Busen mir entzückt.

 Sommergedichte - Herbstgedichte

Heinrich Heine (Gedichte über und gegen den Krieg)
Die Grenadiere


Nach Frankreich zogen zwei Grenadier',
Die waren in Russland gefangen,
Und als sie kamen in's deutsche Quartier,
Sie ließen die Köpfe hangen.

Da hörten sie beide die traurige Mär:
Dass Frankreich verloren gegangen,
Besiegt und zerschlagen das tapfere Heer, -
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen.

Da weinten zusammen die Grenadier'
Obwohl der kläglichen Kunde.
Der eine sprach: "Wie weh wird mir!
Wie brennt meine alte Wunde!"

Der and're sprach: "Das Lied ist aus,
Auch ich möcht' mit dir sterben,
Doch hab' ich Weib und Kind zu Haus,
Die ohne mich verderben."

"Was schert mich Weib, was schert mich Kind,
Ich trage weit bess'res Verlangen;
Lass sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind, -
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!

Gewähr' mir, Bruder, eine Bitt':
Wenn ich jetzt sterben werde,
So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
Begrab' mich in Frankreichs Erde.

Das Ehrenkreuz am roten Band
Sollst du auf's Herz mir legen;
Die Flinte gib mir in die Hand
Und gürt' mir um den Degen.

So will ich liegen und horchen still,
Wie eine Schildwach', im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll
Und wiehernder Rosse Getrabe.

Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
Viel Schwerter klirren und blitzen;
Dann steig' ich gewaffnet hervor aus dem Grab, -
Den Kaiser, den Kaiser zu schützen."

 Sommergedichte - Herbstgedichte