Gedichte von Busch     Eichendorff     Goethe     Liebesgedichte     Morgenstern     Rilke

Einsamkeit Gedichte

Hermann Allmers (Einsamkeit Gedichte)
Einsamkeit

Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
und sende lange meinen Blick nach oben,
von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlass,
von Himmelsbläue wundersam umwoben.
Und schöne weiße Wolken ziehn dahin
durchs tiefe Blau, wie schöne stille Träume; -
mir ist, als ob ich längst gestorben bin,
und ziehe selig mit durch ewge Räume.

Johann Ludwig Wilhelm Müller (Gedichte über die Einsamkeit)
Einsamkeit


Wie eine trübe Wolke
Durch heit're Lüfte geht,
Wenn in der Tanne Wipfel
Ein mattes Lüftchen weht:

So zieh ich meine Straße
Dahin mit trägem Fuß,
Durch helles, frohes Leben,
Einsam und ohne Gruß.

Ach, dass die Luft so ruhig!
Ach, dass die Welt so licht!
Als noch die Stürme tobten,
War ich so elend nicht.

Wilhelm Busch (Einsamkeit in Gedichten)
Der Einsame


Wer einsam ist, der hat es gut,
Weil keiner da, der ihm was tut.
Ihn stört in seinem Lustrevier
Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier,
Und niemand gibt ihm weise Lehren,
Die gut gemeint und bös zu hören.
Der Welt entronnen, geht er still
In Filzpantoffeln, wann er will.
Sogar im Schlafrock wandelt er
Bequem den ganzen Tag umher.
Er kennt kein weibliches Verbot,
Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.
Geschützt vor fremden Späherblicken,
Kann er sich selbst die Hose flicken.
Liebt er Musik, so darf er flöten,
Um angenehm die Zeit zu töten,
Und laut und kräftig darf er prusten,
Und ohne Rücksicht darf er husten,
Und allgemach vergisst man seiner.
Nur allerhöchstens fragt mal einer:
Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,
Ich dachte längst, er wäre tot.
Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,
Lässt sich das Glück nicht schöner malen.
Worauf denn auch der Satz beruht:
Wer einsam ist, der hat es gut.

Charlotte von Ahlefeld (Einsamkeit und Gedichte)
Geduld


Umstarrt vom Eis des Norden
In trüber Einsamkeit,
Ist mir ein Blümchen worden
Das duftend mich erfreut.

Im Taue bittrer Tränen
Entfaltete es sich,
Und heilte von dem Sehnen
Nach bessrer Zukunft mich.

Tief trag ich es verborgen
In der verschwiegnen Brust.
Da wandelt's meine Sorgen
In stiller Wehmuth Lust.

Um mein Geschick zu tragen
Gab mir's des Himmels Huld.
Wie heißt es? wirst Du fragen.
Das Blümchen heißt - Geduld.

Rainer Maria Rilke (Einsamkeit Gedichte)
Herbst


Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Nikolaus Lenau (Einsamkeit Gedichte)
Das Veilchen und der Schmetterling


Ein Veilchen auf der Wiese stand
an Baches Rand und sandte ungesehen,
bei sanftem Frühlingswehen
süßen Duft durch die Luft.

Da kommt auf schwankendem Flügel
ein Schmetterling über den Hügel
und senket zur kurzen Rast
zum Veilchen sich nieder als Gast.

Schmetterling:
Ei! Veilchen! Wie du töricht bist,
zu blühen, wo niemand dein genießt!

Veilchen:
Nicht ungenossen blüh ich hier,
ein Schäfer kommt gar oft zu mir
und atmet meinen Duft und spricht:
„Ein solches Blümchen fand ich nicht,
wie Veilchen du! Auf Wiesen, Auen
ist keines mehr wie du zu schauen!

Schmetterling:
`s ist schöner doch, glaub meinem Wort,
zu blühn auf freier Wiese dort,
in jener bunten Blumenwelt,
als hier im dunklen Schattenzelt!

Veilchen:
Hier bin ich meines Schäfers Wonne,
dort aber bleichet mich die Sonne,
und ohne Farbe, ohne Duft,
find ich zu früh dort meine Gruft,
drum blüh ich in der Einsamkeit,
wenn auch nur Einer mein sich freut.

Johann Wolfgang von Goethe (Gedichte und Einsamkeit)
An den Mond

Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;

Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.

Fließe, fließe, lieber Fluss!
Nimmer werd' ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuss
Und die Treue so.

Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Dass man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergisst!

Rausche, Fluss, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!

Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Hass verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewusst
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.

Joseph von Eichendorff (Einsamkeit in Gedichten)
Abend


Gestürzt sind die goldnen Brücken
Und unten und oben so still!
Es will mir nichts mehr glücken,
Ich weiß nicht mehr, was ich will.

Von üppig blühenden Schmerzen
Rauscht eine Wildnis im Grund,
Da spielt wie in wahnsinnigen Scherzen
Das Herz an dem schwindligen Schlund.

Die Felsen möchte ich packen
Vor Zorn und Wehe und Lust,
Und unter den brechenden Zacken
Begraben die wilde Brust.

Da kommt der Frühling gegangen,
Wie ein Spielmann aus alter Zeit,
Und singt von uraltem Verlangen
So treu durch die Einsamkeit.

Und über mir Lerchenlieder
Und unter mir Blumen bunt,
So werf ich im Grase mich nieder
Und weine aus Herzensgrund.

Da fühl ich ein tiefes Entzücken,
Nun weiß ich wohl, was ich will,
Es bauen sich andere Brücken,
Das Herz wird auf einmal still.

Der Abend streut rosige Flocken,
Verhüllet die Erde nun ganz,
Und durch des Schlummernden Locken
Ziehn Sterne den heiligen Kranz.

Clemens Brentano (Einsamkeit - Gedichte)
Einsam will ich untergehn

Einsam will ich untergehn,
Keiner soll mein Leiden wissen!
Wird der Stern, den ich gesehn,
Von dem Himmel mir gerissen,
Will ich einsam untergehn
Wie ein Pilger in der Wüste.

Einsam will ich untergehn
Wie ein Pilger in der Wüste!
Wenn der Stern, den ich gesehn,
Mich zum letzten Male grüßte,
Will ich einsam untergehn
Wie ein Bettler auf der Heide.

Einsam will ich untergehn
Wie ein Bettler auf der Heide!
Gibt der Stern, den ich gesehn,
Mir nicht weiter das Geleite,
Will ich einsam untergehn
Wie der Tag im Abendgrauen.

Einsam will ich untergehn
Wie der Tag im Abendgrauen!
Will der Stern, den ich gesehn,
Nicht mehr auf mich niederschauen,
Will ich einsam untergehn
Wie ein Sklave an der Kette.

Einsam will ich untergehn
Wie der Sklave an der Kette!
Scheint der Stern, den ich gesehn,
Nicht mehr auf mein Dornenbette,
Will ich einsam untergehn
Wie ein Schwanenlied im Tode.

Einsam will ich untergehn
Wie ein Schwanenlied im Tode!
Ist der Stern, den ich gesehn,
Mir nicht mehr ein Friedensbote,
Will ich einsam untergehn
Wie ein Schiff in wüsten Meeren.

Einsam will ich untergehn
Wie ein Schiff in wüsten Meeren!
Wird der Stern, den ich gesehn,
Jemals weg von mir sich kehren,
Will ich einsam untergehn
Wie der Trost in stummen Schmerzen.
Einsam will ich untergehn
Wie der Trost in stummen Schmerzen!
Soll den Stern, den ich gesehn,
Jemals meine Schuld verscherzen,
Will ich einsam untergehn
Wie mein Herz in deinem Herzen.

Georg Trakl  (Einsamkeit und Gedichte) (Herbstgedichte)
Der Herbst des Einsamen


Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.

Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Gebärde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.

Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.

Joseph von Eichendorff (Gedichte über die Einsamkeit)
Im Abendrot


Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand:
Vom Wandern ruhen wir beide
Nun überm stillen Land.

Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.

Tritt her und lass sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Dass wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.

O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot,
Wie sind wir wandermüde -
Ist dies etwa der Tod?

Max Dauthendey (Einsamkeit - Gedichte)
Ich schleppe der Einsamkeit Berge


Es kann mein Mund kaum klagen,
Ich muss jetzt Stille tragen.
Sie macht mich wie zum Zwerge,
Ich schleppe der Einsamkeit Berge.

Seit du Geliebte gegangen,
Sitz ich von der Stille gefangen.
Ich muss mich unter ihr bücken,
Sie hockt mir als Höcker am Rücken.

Max Dauthendey(Einsamkeit und Gedichte)
Ich liege wie von Einsamkeit betrunken


Ich liege wie von Einsamkeit betrunken,
Die Ufer aller Welt sind rings versunken.
Ich sehe kaum hinaus vor meine Tür,
Das Draußen ich noch kaum am Leibe spür'.

Ich höre nur die Sehnsucht suchend streichen
Und auf den Zehen durch die Zimmer schleichen,
Sie kann durchs Ferne und durchs Nahe gehen
Und lässt nicht einen Augenblick still stehen.

Sie muss mit Raubtiernüstern unstet wittern
Und reibt sich ruhelos an harten Gittern.
Ich seh' ihr Auge um mich mordend funkeln
Und spür' noch ihren Hungergang im Dunkeln.

Frühlingsgedichte - Sommergedichte - Herbstgedichte - Weihnachtsgedichte