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Vaterland Gedichte

Clemens Brentano (Vaterland Gedichte)
Ans
Vaterland

Was wäre der Dichter wunderbar Spiel,
Zög's nicht wie Sonne durch innere Nacht;
Was wohl der Zauber in Ton und Lied,
Der wie der Frühling über Gräber hinzieht,
Wenn er die Lebendigtoten nicht weckte,
Und nicht die feigen Schlummernden schreckte.
Stehet auf!  stehet auf!  so rufet die Zeit,
Es ist der Richttag, der Herr ist nicht weit.

Theodor Storm (Abschiedsgedichte)
Abschied


Kein Wort,  auch nicht das kleinste,  kann ich sagen,
Wozu das Herz den vollen Schlag verwehrt;
Die Stunde drängt,  gerüstet steht der Wagen,
Es ist die Fahrt der Heimat abgekehrt.

Geht immerhin  -  denn eure Tat ist euer  -
Und widerruft,  was einst das Herz gebot;
Und kauft,  wenn dieser Preis euch nicht zu teuer,
Dafür euch in der Heimat euer Brot!

Ich aber kann des Landes nicht, des eignen,
In Schmerz verstummte Klagen missverstehn;
Ich kann die stillen Gräber nicht verleugnen,
Wie tief sie jetzt in Unkraut auch vergehn.  - 

Du,  deren zarte Augen mich befragen  -
Der dich mir gab,  gesegnet sei der Tag!
Lass nur dein Herz an meinem Herzen schlagen,
Und zage nicht!  Es ist derselbe Schlag.

Es strömt die Luft  -  die Knaben stehn und lauschen,
Vom Strand herüber dringt ein Möwenschrei;
Das ist die Flut!  Das ist des Meeres Rauschen!
Ihr kennt es wohl;  wir waren oft dabei.

Von meinem Arm in dieser letzten Stunde
Blickt einmal noch ins weite Land hinaus,
Und merkt es wohl,  es steht auf diesem Grunde,
Wo wir auch weilen,  unser Vaterhaus.

Wir scheiden jetzt, bis dieser Zeit Beschwerde
Ein andrer Tag,  ein besserer,  gesühnt;
Denn Raum ist auf der heimatlichen Erde
Für Fremde nur und was den Fremden dient.

Doch ist's das flehendste von den Gebeten, 
Ihr mögt dereinst,  wenn mir es nicht vergönnt,
Mit festem Fuß auf diese Scholle treten, 
Von der sich jetzt mein heißes Auge trennt!  -

Und du,  mein Kind,  mein jüngstes, dessen Wiege
Auch noch auf diesem teuren Boden stand,
Hör mich!  -  denn alles andere ist Lüge -
Kein Mann gedeihet ohne Vaterland!

Kannst du den Sinn, den diese Worte führen, 
Mit deiner Kinderseele nicht verstehn,
So soll es wie ein Schauer dich berühren
Und wie ein Pulsschlag in dein Leben gehn!

Emanuel Geibel  (Vaterland Gedichte)
Friedrich Rotbart


Tief im Schlosse des Kyffhäusers
Bei der Ampel rotem Schein
Sitzt der alte Kaiser Friedrich
An dem Tisch von Marmorstein.

Ihn umwallt der Purpurmantel,
Ihn umfängt der Rüstung Pracht,
Doch auf seinen Augenwimpern
Liegt des Schlafes tiefe Nacht.

Vorgesunken liegt das Antlitz,
Dem sich Ernst und Milde paart,
Durch den Marmortisch gewachsen
Ist sein langer,  gold'ner Bart.

Rings wie eh'rne Bilder stehen
Seine Ritter um ihn her,
Harnischglänzend,  schwertumgürtet,
Aber tief im Schlaf,  wie er.

Heinrich auch,  der Ofterdingen,
Ist in ihrer stummen Schar,
Mit den liederreichen Lippen,
Mit dem goldgelockten Haar.

Seine Harfe ruht dem Sänger
In der Linken ohne Klang,
Doch auf seiner hohen Stirne
Schläft ein künftiger Gesang.

Alles schweigt,  nur hin und wieder
Fällt ein Tropfen vom Gestein,
Bis der große Morgen plötzlich
Bricht mit Feuersglut herein.

Bis der Adler stolzen Fluges
Um des Berges Gipfel zieht,
Daß vor seines Fittichs Rauschen
Dort der Rabenschwarm entflieht.

Aber dann wie ferner Donner
Rollt es durch den Berg herauf,
Und der Kaiser greift zum Schwerte,
Und die Ritter wachen auf.

Laut in seinen Angeln tönend
Springet auf das ehern Tor,
Barbarossa mit den Seinen
Steigt im Waffenschmuck empor.

Auf dem Helm trägt er die Krone
Und den Sieg in seiner Hand,
Schwerter blitzen,  Harfen klingen,
Wo er schreitet durch das Land.

Und dem alten Kaiser beugen
Sich die Völker allzu gleich,
Und auf's neu zu Aachen gründet
Er das heil'ge deutsche Reich.

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