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Adelbert von Chamisso Gedichte

Adelbert von Chamisso: * 30. Januar 1781Schloss Boncourt, Frankreich; † 21. August 1838

Adelbert von Chamisso   (Gedichte über das Leben)
Die alte Waschfrau


Du siehst geschäftig bei dem Linnen
die Alte dort in weißem Haar,
die rüstigste der Wäscherinnen
im sechsundsiebenzigsten Jahr.
So hat sie stets mit sauerm Schweiß
ihr Brot in Ehr und Zucht gegessen
und ausgefüllt mit treuem Fleiß
den Kreis, den Gott ihr zugemessen.

Sie hat in ihren jungen Tagen
geliebt, gehofft und sich vermählt;
sie hat des Weibes Los getragen,
die Sorgen haben nicht gefehlt;
sie hat den kranken Mann gepflegt,
sie hat drei Kinder ihm geboren;
sie hat ihn in das Grab gelegt
und Glaub' und Hoffnung nicht verloren.

Da galt's, die Kinder zu ernähren;
sie griff es an mit heiterm Mut,
sie zog sie auf in Zucht und Ehren,
der Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut.
Zu suchen ihren Unterhalt
entließ sie segnend ihre Lieben,
so stand sie nun allein und alt,
ihr war ihr heitrer Mut geblieben.

Sie hat gespart und hat gesonnen
und Flachs gekauft und nachts gewacht,
den Flachs zu feinem Garn gesponnen,
das Garn dem Weber hingebracht;
der hat's gewebt zu Leinewand.
Die Schere brauchte sie, die Nadel,
und nähte sich mit eigner Hand
ihr Sterbehemde sonder Tadel.

Ihr Hemd, ihr Sterbehernd, sie schätzt es,
verwahrt's im Schrein am Ehrenplatz;
es ist ihr Erstes und ihr Letztes,
ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz.
Sie legt es an, des Herren Wort
am Sonntag früh sich einzuprägen;
dann legt sie's wohlgefällig fort,
bis sie darin zur Ruh sie legen.
Und ich, an meinem Abend, wollte,
ich hätte, diesem Weibe gleich,
erfüllt, was ich erfüllen sollte
in meinen Grenzen und Bereich;
ich wollt', ich hätte so gewusst
am Kelch des Lebens mich zu laben,
und könnt' am Ende gleiche Lust
an meinem Sterbehemde haben.

Adelbert von Chamisso
Feldeinsamkeit


Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
und sende lange meinen Blick nach oben,
von Grillen rings umschwirrt ohn Unterlass,
von Himmelsbläue wundersam umwoben.
Und schöne weiße Wolken ziehn dahin
durchs tiefe Blau, wie schöne stille Träume; -
mir ist, als ob ich längst gestorben bin,
und ziehe selig mit durch ewge Räume.

Adelbert von Chamiss
Die zwei Raben


Der Rabe fliegt zum Raben dort,
Der Rabe krächzt zu dem Raben das Wort:
Rabe, mein Rabe, wo finden wir
Heut unser Mahl? wer sorgte dafür?

Der Rabe dem Raben die Antwort schreit:
Ich weiß ein Mahl für uns bereit;
Unterm Unglücksbaum auf dem freien Feld
Liegt erschlagen ein guter Held.

Durch wen? weshalb? - Das weiß allein,
Der sah's mit an, der Falke sein,
Und seine schwarze Stute zumal,
Auch seine Hausfrau, sein junges Gemahl.

Der Falke flog hinaus in den Wald;
Auf die Stute schwang der Feind sich bald;
Die Hausfrau harrt, die in Lust erbebt,
Dess nicht, der starb, nein, dess, der lebt.

Adelbert von Chamisso (Gedichte über das Leben)
Im Herbst


Niedrig schleicht blass hin die entnervte Sonne,
Herbstlich goldgelb färbt sich das Laub, es trauert
Rings das Feld schon nackt und die Nebel ziehen
Über die Stoppeln.

Sieh, der Herbst schleicht her und der arge Winter
Schleicht dem Herbst bald nach, es erstarrt das Leben;
Ja, das Jahr wird alt, wie ich alt mich fühle
Selber geworden!

Gute, schreckhaft siehst du mich an, erschrick nicht;
Sieh, das Haupthaar weiß, und des Auges Sehkraft
Abgestumpft; warm schlägt in der Brust das Herz zwar,
Aber es friert mich!

Naht der Unhold, lass mich ins Auge ihm scharf sehn:
Wahrlich, Furcht nicht flößt er mir ein, er komme,
Nicht bewusstlos rafft er mich hin, ich will ihn
Sehen und kennen.

Lass den Wermutstrank mich, den letzten, schlürfen,
Nicht ein Leichnam längst, ein vergessner, schleichen,
Wo ich markvoll einst in den Boden Spuren
Habe getreten.

Ach! ein Blutstrahl quillt aus dem lieben Herzen:
Fasse Mut, bleib stark; es vernarbt die Wunde,
Rein und liebwert hegst du mein Bild im Herzen
Nimmer vergänglich.

Adelbert von Chamisso
Was soll ich sagen?


Mein Aug' ist trüb,
Mein Mund ist stumm,
Du heißest mich reden,
Es sei darum!

Dein Aug' ist klar,
Dein Mund ist rot,
Und was du nur wünschest,
Das ist ein Gebot.

Mein Haar ist grau,
Mein Herz ist wund,
Du bist so jung
Und bist so gesund.

Du heißest mich reden,
Und machst mir's so schwer.
Ich seh' dich so an
Und zittre so sehr.

Adelbert von Chamisso (Freundschaft Gedichte)
Das Lied von der Freundschaft


Töricht ist's dem sanften Glühen,
Das die Freundschaft mild erregt,
Jene Wunden vorzuziehen,
Die die Liebe grausam schlägt.
Liebe nimmer uns erscheine,
Freundschaft bleib' uns zugewandt!
Wer verlässt Italiens Haine
Für Arabiens heißen Sand?

Für das flüchtige Entzücken,
Das die Liebe sparsam bringt,
Wie viel Qualen uns durchzücken,
Welcher Schrecken uns umringt!
Liebe mag die Blicke weiden,
Wenn ihr Opfer sinkt ins Grab;
Freundschaft nahet sich dem Leiden,
Trocknet ihm die Tränen ab.

Drum der Liebe bangen Schmerzen,
Ihrer Trunkenheit entflohn,
Woll'n der Freundschaft wir die Herzen
Reichen uns zu schönerm Lohn.
Uns die Freundschaft zu versüßen
Noch mit einer schönern Zier.
Lass mich dich als Bruder grüßen,
Gib den Schwesternnamen mir!
Freundschaft ist ein Knotenstock auf Reisen,
Lieb' ein Stäbchen zum Spazierengehn.

Adelbert von Chamisso
Mich ärgern höchlich


Mich ärgern höchlich alle die Versuche,
Die Welt von Ost in West zurückzudrehen;
Ich möcht' hinwiederum es gerne sehen,
Dass man ihr, West in Ost, zu helfen suche.

Du Narr! du Narr! Wie es im großen Buche
Geschrieben stehet, wird es doch geschehen;
Die Welt wird ihren richt'gen Gang schon gehen,
Dein Zorn gereicht dir einzig nur zum Fluche.

Ich weiß wohl, dass es nichts zu Sache tut,
Und, wenn es gleich mir so im Sinne steht,
Wohlan, sei still, mein Herz, schon gut, schon gut!
Nur, hör' ich sie, wie sie im Übermut
Einander rühmen: "Ei! Wie gut es geht!"
Zum Henker! Macht es mir doch böses Blut.

Adelbert von Chamisso (Wintergedichte)
Nacht und
Winter.

Von des Nordes kaltem Wehen
Wird der Schnee dahergetrieben,
Der die dunkle Erde decket;

Dunkle Wolken zieh'n am Himmel,
Und es flimmern keine Sterne,
Nur der Schnee im Dunkel schimmert.

Herb' und kalt der Wind sich reget,
Schaurig stöhnt er in die Stille;
Tief hat sich die Nacht gesenket.

Wie sie ruh'n auf dem Gefilde,
Ruh'n mir in der tiefsten Seele
Dunkle Nacht und herber Winter.

Herb' und kalt der Wind sich reget,
Dunkle Wolken zieh'n am Himmel,
Tief hat sich die Nacht gesenket.

Nicht der Freude Kränze zieren
Mir das Haupt im jungen Lenze,
Und erheitern meine Stirne:

Denn am Morgen meines Lebens,
Liebend und begehrend Liebe,
Wandl' ich einsam in der Fremde.

Wo das Sehnen meiner Liebe,
Wo das heiße muss, verschmähet,
Tief im Herzen sich verschließen.

Herb' und kalt der Wind sich reget.
Dunkle Wolken zieh'n am Himmel,
Und es flimmern keine Sterne.

Wie sie ruh'n auf dem Gefilde,
Ruh'n mir in der tiefsten Seele
Dunkle Nacht und herber Winter.

Leise hallen aus der Ferne
Töne, die den Tag verkünden. –
Wird der Tag denn sich erhellen?

Freudebringend dem Gefilde
Wird er strahlen, Nacht entschweben,
Herber Winter auch entfliehen,

Und des Jahres Kreis sich wenden,
Und der junge Lenz in Liebe
Nahen der verjüngten Erde.
Mir nur, mir nur ew'ger Winter,
Ew'ge Nacht, und Schmerz und Tränen,
Kein Tag, keines Sternes Flimmer!

Adelbert von Chamisso (lustige Gedichte)
Das Riesenspielzeug


Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
Die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand;
Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer;
Du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
Erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor
Und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein,
Neugierig, zu erkunden, wie's unten möchte sein.

Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
Erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald,
Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
Erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.

Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
Bemerkt sie einen Bauern, der seinen Acker baut;
Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
Es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar.

"Ei, artig Spielzeug!" ruft sie, "das nehm' ich mit nach Haus!"
Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus,
Und feget mit den Händen, was sich da alles regt,
Zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt.

Und eilt mit freud'gen Sprüngen - man weiß, wie Kinder sind -
Zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind:
"Ei, Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön!
So Allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höh'n."

Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
"Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Du hüpfest ja vor Freuden, lass sehen, was es sei."

Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an
Den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann.
Wie Alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut,
Da klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut.

Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
"Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht!
Wo du es hergenommen, da trag' es wieder hin,
Der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn!

Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot;
Denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot:
Es sprosst der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor,
Der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor!" -

Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
Die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand;
Sie selbst ist nun zerfallen, die Stätte wüst und leer,
Und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

Adelbert von Chamisso (Gedichte Küssen)
Küssen will ich, ich will küssen.


Freund, noch einen Kuss mir gib,
Einen Kuss von deinem Munde,
Ach! ich habe dich so lieb!
Freund, noch einen Kuss mir gib.
Werden möcht' ich sonst zum Dieb,
Wärst du karg in dieser Stunde;
Freund, noch einen Kuss mir gib,
Einen Kuss von deinem Munde.

Küssen ist ein süßes Spiel,
Meinst du nicht, mein süßes Leben?
Nimmer ward es noch zu viel,
Küssen ist ein süßes Spiel.
Küsse, sonder Zahl und Ziel,
Geben, nehmen, wiedergeben,
Küssen ist ein süßes Spiel,
Meinst du nicht, mein süßes Leben?

Gibst du einen Kuss mir nur,
Tausend geb' ich dir für einen.
Ach, wie schnelle läuft die Uhr,
Gibst du einen Kuss mir nur.
Ich verlange keinen Schwur,
Wenn es treu die Lippen meinen,
Gibst du einen Kuss mir nur,
Tausend geb' ich dir für einen.

Flüchtig, eilig wie der Wind,
Ist die Zeit, wann wir uns küssen.
Stunden, wo wir selig sind,
Flüchtig, eilig wie der Wind!
Scheiden schon, ach, so geschwind!
O, wie werd' ich weinen müssen!
Flüchtig, eilig wie der Wind,
Ist die Zeit, wann wir uns küssen.

Muss es denn geschieden sein,
Nur noch einen Kuss zum Scheiden!
Scheiden, meiden, welche Pein!
Muss es denn geschieden sein?
Lebe wohl und denke mein,
Mein in Freuden und in Leiden;
Muss es denn geschieden sein,
Nur noch einen Kuss zum Scheiden.

Adelbert von Chamisso
Die Braut
.

Wie wohlgefällig hat auf mir
Des teuern Vaters Auge geruht!
Wie sprach der stumme Blick doch schier:
Bist meine Lust, ich bin dir gut.


Wie hat die Mutter früh und spat
Für mich sich bemühet so liebereich!
Und was sie geschäftig auch alles that,
Wie war ihr Segen auf mir zugleich.

Wie sehen die lieben Schwestern mich
So trauernd scheiden aus ihrer Zahl,
Die, feuchten Auges, heute für dich
Mich noch geschmückt zum letzten Mal!

Wie glücklich war ich im Mutterhaus!
Wie haben alle mich doch geliebt!
Und dir, Geliebter, folg' ich hinaus,

Dich hab' ich mehr als alle geliebt.
Ich werde, Geliebter, dir untertan,
Und werde dir dienen in treuer Pflicht.
Was ich verlassen, was ich getan
Für dich, du Guter, vergiss es nicht.

Adelbert von Chamisso (Kurze Wintergedichte)
Der erste Schnee.


Der leise schleichend euch umsponnen
Mit argem Trug, eh' ihr' s gedacht,
Seht, seht den Unhold! über Nacht
Hat er sich andern Rat ersonnen.
Seht, seht den Schneenmantel wallen!
Das ist des Winters Herrscherkleid;
Die Larve lässt der Grimme fallen; –
Nun wisst ihr doch, woran ihr seid.

Er hat der Furcht euch überhoben,
Lebt auf zur Hoffnung und seid stark;
Schon zehrt der Lenz an seinem Mark.
Geduld! und mag der Wütrich toben
Geduld! schon ruft der Lenz die Sonne,
Bald weben sie ein Blumenkleid,
Die Erde träumet neue Wonne, –
Dann aber träum' ich neues Leid!

Adelbert von Chamisso (Kurze Wintergedichte)
Winter.


In den jungen Tagen
Hatt' ich frischen Mut,
In der Sonne Strahlen
War ich stark und gut.

Liebe, Lebenswogen,
Sterne, Blumenlust!
Wie so stark die Sehnen!
Wie so voll die Brust!

Und es ist zerronnen,
Was ein Traum nur war;
Winter ist gekommen,
Bleichend mir das Haar.
Bin so alt geworden,
Alt und schwach und blind,
Ach! verweht das Leben,
Wie ein Nebelwind!

Adelbert von Chamisso (Frühlingsgedichte)
Frühling und Herbst.


Fürwahr, der Frühling ist erwacht;
Den holden Liebling zu empfah'n,
Hat sich mit frischer Blumenpracht
Die junge Erde angetan.

Die muntern Vögel, lieberwärmt,
Begeh' n im grünen Hain ihr Fest.
Ein jeder singt, ein jeder schwärmt,
Und bauet emsig sich sein Nest.

Und Alles lebt und liebt und singt
Und preist den Frühling wunderbar,
Den Frühling, der die Freude bringt;
Ich aber bleibe stumm und starr.

Dir, Erde, gönn' ich deine Zier,
Euch, Sänger, gönn ich eure Lust,
So gönnet meine Trauer mir,
Den tiefen Schmerz in meiner Brust.
Für mich ist Herbst; der Nebelwind
Durchwühlet kalt mein falbes Laub;
Die Äste mir zerschlagen sind,
Und meine Krone liegt im Staub.

Adelbert von Chamisso
Katzennatur


' s war ' mal ' ne Katzenkönigin,
Ja ja!
Die hegte edeln Katzensinn,
Ja, ja!
Verstund gar wohl zu mausen,
Liebt' königlich zu schmausen.
Ja, ja! – Katzennatur!
Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!

Die hatt' ' nen schneeweißen Leib,
Ja, ja!
So schlank, so zart, die Hände so weich,
Ja, ja.
Die Augen wie Karfunkeln,
Sie leuchteten im Dunkeln,
Ja, ja! – Katzennatur!
Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!

Ein Edelmausjüngling lebte zur Zeit,
Ja, ja!
Der sah die Königin wohl von weit,
Ja, ja!
' ne ehrliche Haut von Mäuschen,
Der kroch aus seinem Häuschen,
Ja, ja! – Mäusenatur!
Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!

Der sprach: in meinem Leben nicht,
Ja, ja!
Hab' ich gesehen so süßes Gesicht,
Ja, ja!
Die muss mich Mäuschen meinen,
Sie tut so fromm erscheinen,
Ja, ja! – Mäusenatur!
Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!

Der Maus: willst Du mein Schätzchen sein?
Ja, ja!
Die Katz: ich will dich sprechen allein.
Ja, ja!
Heut' will ich bei dir schlafen –
Heut' sollst Du bei mir schlafen –
Ja, ja! – Katzennatur!
Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!

Der Maus, der fehlte nicht die Stund' ,
Ja, ja!
Die Katz' , die lachte den Bauch sich rund,
Ja, ja!
Dem Schatz, den ich erkoren,
Dem zieh' ich' s Fell über die Ohren,
Ja, ja! – Katzennatur!
Schlafe, mein Mäuschen, schlafe du nur!

Adelbert von Chamisso (Gedichte Frühling)
Frühling


Der Frühling ist kommen, die Erde erwacht,
Es blühen der Blumen genug.
Ich habe schon wieder auf Lieder gedacht,
Ich fühle so frisch mich, so jung.

Die Sonne bescheinet die blumige Au' ,
Der Wind beweget das Laub.
Wie sind mir geworden die Locken so grau?
Das ist doch ein garstiger Staub.

Es bauen die Nester und singen sich ein
Die zierlichen Vögel so gut.
Und ist es kein Staub nicht, was sollt' es denn sein?
Mir ist wie den Vögeln zu Mut.
Der Frühling ist kommen, die Erde erwacht,
Es blühen der Blumen genug.
Ich habe schon wieder auf Lieder gedacht,
Ich fühle so frisch mich, so jung.

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