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Gottfried August Bürger Gedichte

Gottfried August Bürger: * 31. Dezember 1747 in Molmerswende; † 8. Juni 1794

Deutscher Dichter der Sturm und Drang - Zeit. Wichtige Balladen und die Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen.

Gottfried August Bürger (Untreue - Gedichte)
Untreue über alles


Ich ruhte mit Liebchen tief zwischen dem Korn,
Umduftet vom blühenden Hagebuttdorn.
Wir hatten's so heimlich, so still und bequem
Und kosteten traulich von diesem und dem.

Wir hatten's so heimlich, so still und bequem;
Kein Seelchen vernahm was von diesem und dem;
Kein Lüftchen belauscht' uns von hinten und vorn;
Die spielten mit Kornblum' und Klappros' im Korn.

Wir herzten und drückten, wie innig, wie warm!
Und wiegten uns eia popeia! im Arm.
Wie Beeren zu Beeren an Trauben des Weins,
So reihten wir Küsse zu küssen in eins.

Gottfried August Bürger (kurze Liebesgedichte)
An die Liebe


Einmal, meines Lebens Rest zu segnen,
Lass mir noch ein Mädchen oder Weib,
Göttin Liebe, lass mir eins begegnen,
So gestaltet, so an Seel' und Leib
Ausgeschmückt mit deinen goldnen Gaben,
Dass ich armer, freudenloser Mann
Mich an ihm von ganzem Herzen laben
Und es lieben und verehren kann!

Gottfried August Bürger (Liebe)
Amors Pfeil


Amors Pfeil hat Widerspitzen.
Wen er traf, der lass’ ihn sitzen
Und erduld’ ein wenig Schmerz!
Wer geprüften Rat verachtet
Und ihn auszureißen trachtet,
Der zerfleischet ganz sein Herz.

Gottfried August Bürger
Das Lied vom braven Manne


Hoch klingt das Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang.
Wer hohes Muts sich rühmen kann,
Den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.
Gottlob! dass ich singen und preisen kann,
Zu singen und preisen den braven Mann.

Der Tauwind kam vom Mittagsmeer
Und schnob durch Welschland trüb und feucht.
Die Wolken flogen vor ihm her,
Wie wenn der Wolf die Herde scheucht.
Er fegt die Felder, zerbrach den Forst,
Auf Seen und Strömen das Grundeis borst.

Am Hochgebirge schmolz der Schnee;
Der Sturz von tausend Wassern scholl;
Das Wiesental begrub ein See;
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll;
Hoch rollen die Wogen entlang ihr Gleis
Und rollten gewaltige Felsen Eis.

Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,
Aus Quaderstein von unten auf,
lag eine Brücke drüber her
Und mitten stand ein Häuschen drauf.
Hier wohnt der Zöllner mit Weib und Kind:
"O Zöllner, o Zöllner! entfleuch geschwind!"

Es dröhnt’ und dröhnte dumpf heran;
Laut heulten Sturm und Wog’ um’s Haus.
Der Zöllner sprang zum Dach hinan
Und blickt’ in den Tumult hinaus.
"Barmherziger Himmel! erbarme dich!
Verloren! Verloren! Wer rettet mich?"

Die Schollen rollten, Schuss auf Schuss,
Von beiden Ufern, hier und dort;
Von beiden Ufern riss der Fluss
Die Pfeiler samt den Bogen fort.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind,
Er heulte noch lauter als Strom und Wind.

Die Schollen rollten, Stoß auf Stoß,
An beiden Enden, hier und dort;
Zerborsten und zertrümmert schoss
Ein Pfeiler nach dem andern fort.
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich:
"Barmherziger Himmel! erbarme dich!"

Hoch auf dem fernen Ufer stand
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein;
Und Jeder schrie und rang die Hand,
Doch mochte niemand Retter sein.
Der bebende Zöllner mit Weib und Kind
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind.

Wann klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang?
Wohlan! So nenn’ ihn, nenn’ ihn dann!
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich,
O braver Mann, braver Mann, zeige dich!

Rasch galoppiert ein Graf hervor,
Auf hohem Ross, ein edler Graf.
Was hielt des Grafen Hand empor?
Ein Beutel war es, voll und straff:
"Zweihundert Pistolen sind zugesagt
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt!"

Wer ist der Brave? Ist’s der Graf?
Sag’ an, mein braver Sang, sag’ an!
Der Graf, beim höchsten Gott! war brav,
Doch weiß ich einen bravern Mann.
O braver Mann! braver Mann! zeige dich!
Schon naht das Verderben sich fürchterlich.

Und immer höher schwoll die Flut,
Und immer lauter schnob der Wind,
Und immer tiefer sank der Mut.
O Retter, Retter, komm geschwind!
Stets Pfeiler auf Pfeiler zerbirst und brach,
Laut krachten und stürzten die Wogen nach.

"Hallo! hallo! frisch auf! gewagt!"
Hoch hielt der Graf den Preis empor.
Ein Jeder hört’s, doch Jeder sagt:
Aus Tausenden tritt keiner vor.
Vergebens durchheulte mit Weib und Kind
Der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind.

Sieh! Schlecht und recht, ein Bauersmann
Am Wanderstabe schritt daher,
Mit groben Kittel angetan,
An Wuchs und Antlitz hoch und hehr.
Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort,
Und schaute das nahe Verderben dort.

Und kühn, in Gottes Namen, sprang
Er in den nächsten Fischerkahn;
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang
Kam der Erretter glücklich an;
Doch wehe! Der Nachen war allzu klein,
Der Retter von allen zugleich zu sein.

Und dreimal zwang er seinen Kahn,
Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang,
Und dreimal kam er glücklich an,
Bis ihm die Rettung ganz gelang.
Kaum waren die Letzten in sicherm Port,
So rollte das letzte Getrümmer fort.

Wer ist, wer ist der brave Mann?
Sag’ an, sag’ an, mein braver Sang!
Der Bauer wagt’ ein Leben dran;
Doch tat er’s wohl um Goldesklang?
Denn spendete nimmer der Graf sein Gut,
So wagte der Bauer vielleicht kein Blut?

"Hier, " rief der Graf, "mein wackrer Freund!
Hier ist dein Preis! Komm her, nimm hin!"
Sag’ an, war das nicht brav gemeint?
Bei Gott! der Graf trug hohen Sinn.
Doch höher und himmlischer, wahrlich! schlug
Das Herz, das der Bauer im Kittel trug.

"Mein Leben ist für Gold nicht feil;
Arm bin ich zwar, doch ess' ich satt.
Dem Zöllner wird’ eu’r Gold zu Teil,
Der Hab’ und Gut verloren hat!"
So rief er mit herzlichem Biederton,
Und wandte den Rücken und ging davon.

Hoch klingst du, Lied vom braven Mann,
Wie Orgelton und Glockenklang!
Wer solches Muts sich rühmen kann,
Den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.
Gottlob! dass ich singen und preisen kann,
Unsterblich zu preisen den braven Mann!

Gottfried August Bürger (Frühlingsgedichte)
Winterlied


Der Winter hat mit kalter Hand
Die Pappel abgelaubt,
Und hat das grüne Maigewand
Der armen Flur geraubt;
Hat Blümchen, blau und rot und weiß,
Begraben unter Schnee und Eis.

Doch, liebe Blümchen, hoffet nicht
Von mir ein Sterbelied.
Ich weiß ein holdes Angesicht,
Worauf ihr alle blüht.
Blau ist des Augensternes Rund,
Die Stirne weiß, und rot der Mund.

Was kümmert mich die Nachtigall,
Im aufgeblühten Hain?
Mein Liebchen trillert hundertmal
So süß und silberrein;
Ihr Atem ist, wie Frühlingsluft,
Erfüllt mit Hyazinthenduft.
Voll für den Mund, und würzereich,
Und allerfrischend ist,
Der purpurroten Erdbeer gleich,
Der Kuss, den sie mir küsst.
O Mai, was frag ich viel nach dir?
Der Frühling lebt und webt in ihr.

Gottfried August Bürger (Gedichte Schatz)
Die Schatzgräber


"Hört, Kinder!" sprach ein kranker Mann,
Der durch den Weinbau viel gewann,
"In unserm Berge liegt ein Schatz;
Grabt nur danach." - "An welchem Platz?"
So fragten alle. "Sagt den Ort!" -
"Grabt, grabt!" Er starb bei diesem Wort.
Kaum war der Greis zur Gruft gebracht,
So ward gegraben Tag und Nacht;
Mit Hacke, Karst und Spaten ward
Der Weinberg um und um gescharrt.
Da war kein Klotz, der ruhig blieb,
Man warf die Erde gar durch's Sieb,
Zog Furchen in die Läng' und Quer'
Nach jedem Steinchen hin und her;
Allein es ward kein Schatz gespürt,
Und Jeder hielt sich angeführt.
Doch kaum erschien das nächste Jahr,
So nahm man mit Erstaunen wahr,
Daß jeder Weinstock dreifach trug.
Da wurden erst die Söhne klug,
Und gruben nun Jahr ein, Jahr aus,
Des Schatzes immer mehr heraus.

Gottfried August Bürger
Die Kuh


Frau Magdalis weint auf ihr letztes Stück Brot;
Sie konnt’ es vor Kummer nicht essen.
Ach, Witwen bekümmert oft größere Not,
Als glückliche Menschen ermessen!

"Wie tief ich auf immer geschlagen nun bin!
Was hab’ ich, bist du erst verzehret?" -
Denn Jammer! ihr Eins und ihr Alles war hin,
Die Kuh, die bisher sie ernähret. -

Heim kamen mit lieblichem Schellengetön
Die andern, gesättigt in Fülle,
Vor Magdalis’ Pforte blieb keine mehr stehn
Und rief ihr mit sanftem Gebrülle.

Wie Kindlein, welche der nährenden Brust
Der Mutter sich sollen entwöhnen,
So klagt’ sie dem Abend, der Nacht den Verlust
Und löschte ihr Lämpchen mit Tränen.

Sie sank auf ihr ärmliches Lager dahin
In hoffnungslosem Verzagen,
Verwirrt und zerrüttet an jeglichem Sinn,
An jeglichem Gliede zerschlagen.

Doch stärkte kein Schlaf sie vom Abend bis früh.
Schwer abgemüdet, im Schwalle
Von ängstlichen Träumen, erschütterten sie
Die Schläge der Glockenuhr alle.

Früh tat ihr des Hirtenhornes Getön
Ihr Elend von Neuem zu wissen.
"O wehe! nun hab’ ich Nichts, aufzustehn!" -
So schluchzte sie nieder in’s Kissen.

Sonst weckte des Hornes Geschmetter ihr Herz,
Den Vater der Güte zu preisen,
Jetzt zürnet und hadert entgegen ihr Schmerz
Dem Pfleger der Witwen und Weisen.

Und horch! auf Ohr und auf Herz, wie ein Stein,
Fiel’s ihr mit dröhnendem Schalle.
Ihr rieselt’ ein Schauer durch Mark und Gebein;
Es dünkt ihr wie Brüllen im Stalle.

"O Himmel! Verzeihe mir jegliche Schuld,
Und ahnde nicht meine Verbrechen!"
Sie wähnt’, es erhöbe sich Geistertumult,
Ihr sträfliches Zagen zu rächen.

Kaum aber hatte vom schrecklichen Ton
Sich mählig der Nachhall verloren,
So drang ihr noch lauter und deutlicher schon
Das Brüllen vom Stalle zu Ohren.

"Barmherziger Himmel, erbarme dich mein,
Und halte den Bösen in Banden!"
Tief barg sie das Haupt in die Kissen hinein,
Daß Hören und Sehen ihr schwanden.

Hier schlug ihr, indem sie im Schweiße zerquoll,
Das bebende Herz wie ein Hammer;
Und drittes noch lauteres Brüllen erscholl,
Als wär’s vor dem Bett in der Kammer.

Nun sprang sie mit wildem Entsetzen heraus,
Stieß auf die Laden der Zelle;
Schon strahlte der Morgen; der Dämmerung Graus
Wich seiner erfreulichen Helle.

Und als sie mit heilgem Kreuz sich versehn:
"Gott helfe mir gnädiglich, Amen!"
Da wagte sie’s zitternd, zum Stalle zu gehen
In Gottes allmächtigem Namen.

O Wunder! Hier kehret die herrliche Kuh,
So glatt und so blank wie ein Spiegel,
Die Stirne mit silbernem Sternchen ihr zu.
Vor Staunen entsank ihr der Riegel.

Dort füllte die Krippe frisch duftender Klee,
Und Heu den Stall, sie zu nähren;
Hier leuchtet’ ein Eimerchen, weiß wie der Schnee,
Die strotzenden Euter zu leeren.

Sie trug ein zierlich beschriebenes Blatt
Um Stirn und Hörner gewunden:
"Zum Troste der guten Frau Magdalis hat
N.N. hierher mich gebunden." -

Gott hatt’ es ihm gnädig verliehen, die Not
Der Armen so wohl zu ermessen.
Gott hatt’ ihm verliehen ein Stücklein Brot,
Das konnt’ er alleine nicht essen. -

Mir däucht, ich wäre von Gott ersehn,
Was gut und was schön ist, zu preisen;
Daher besing’ ich, was gut ist und schön,
In schlichten, einfältigen Weisen.

"So", schwur mir ein Maurer, "so ist es geschehn!"
Allein er verbot mir den Namen.
Gott lass’ es dem Edlen doch wohl ergehn!
Das bet’ ich herzinniglich, Amen!

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