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Mutter und Mütter Gedichte

Rainer Maria Rilke (Mutter Gedichte, Gedichte über Mütter)
Meine Mutter


Ach weh, meine Mutter reißt mich ein.
Da hab ich Stein auf Stein gelegt
und stand schon wie ein kleines Haus,
um das sich groß der Tag bewegt; sogar allein.
Nun kommt die Mutter, kommt und reißt mich ein.
Sie reißt mich ein, indem sie kommt und schaut.
sie sieht nicht, dass da einer baut.
Sie geht mir mitten durch die Wand von Stein.
Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein.
Die Vögel fliegen leichter um mich her;
die fremden Hunde wissen: der ist der.
Nur einzig meine Mutter kennt es nicht,
mein langsam mehr gewordenes Gesicht.
Von ihr zu mir war nie ein warmer Wind;
sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind.
Sie liegt in einem hohen Herzverschlag,
und Christus kommt und wäscht sie jeden Tag.

Johann Wolfgang von Goethe (Mutter Gedichte)
Beispiel

Wenn ich 'mal ungeduldig werde,
Denk' ich an die Geduld der Erde,
Die, wie man sagt, sich täglich dreht
Und jährlich so wie jährlich geht.
Bin ich denn für was Andres da? –
Ich folge der lieben Frau Mama.

Joseph von Eichendorff (Mutter Gedichte, Gedichte über Mütter)
An Luise


Ich wollt in Liedern oft dich preisen,
Die wunderstille Güte,
Wie du ein halbverwildertes Gemüte
Dir liebend hegst und heilst auf tausend süße Weisen,
Des Mannes Unruh und verworrnem Leben
Durch Tränen lächelnd bis zum Tod ergeben.

Doch wie den Blick ich dichtend wende,
So schön still in stillem Harme
Sitzt du vor mir, das Kindlein auf dem Arme,
Im blauen Auge Treu und Frieden ohne Ende,
Und alles lass ich, wenn ich dich so schaue -
Ach, wen Gott lieb hat, gab er solche Fraue!

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Johann Wolfgang von Goethe (Mutter Gedichte)
Mädchenwünsche


O fände für mich
Ein Bräutigam sich!
Wie schön ist's nicht da!
Man nennt uns Mama;
Da braucht man zum Nähen,
Zur Schul' nicht zu gehen;
Da kann man befehlen,
hat Mägde, darf schmälen;
Man wählt sich die Kleider;
Nach Gusto den Schneider;
Da lässt man spazieren,
Auf Bälle sich führen,
Und fragt nicht erst lange
Papa und Mama.

Eduard Mörike (Mutter Gedichte, Gedichte über Mütter)
Selbstgeständnis


Ich bin meiner Mutter einzig Kind,
und weil die andern ausblieben sind,
was weiß ich wieviel, die Sechs oder Sieben,
ist eben Alles an mir hängen blieben;
Ich hab' müssen die Liebe,
die Treue, die Güte
für ein ganz halb Dutzend allein aufessen,
ich will's mein Lebtag nicht vergessen.
Es hätte mir aber noch wohl mögen frommen,
hätt' ich nur auch Schläg' für Sechse bekommen.

Eduard Mörike (Mutter Gedichte, Gedichte über Mütter)
An meine
Mutter

Siehe, von allen den Liedern nicht eines gilt dir, o Mutter!
Dich zu preisen, o glaub's, bin ich zu arm und zu reich.
Ein noch ungesungenes Lied ruhst du mir im Busen,
Keinem vernehmbar sonst, mich nur zu trösten bestimmt,
Wenn sich das Herz unmutig der Welt abwendet und einsam
Seines himmlischen Teils bleibenden Frieden bedenkt.

An dieselbe
Ach wie liebreich warst du der Welt und dienetest allen!
Und wie klein doch, wie plump hat sie dich endlich verkannt,
Da entsagtest du ihr; doch lächelnd wehren die Deinen
Heute wie gestern der Hand, die sich in Liebe vergisst.

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